Interview: Geesthachts größte Vereine an einem Tisch: Stefan Stark (VfL) und Helmut Siepelt (DSV)

Sie führen Geesthachts größte Vereine an: Unsere Zeitung hat Helmut Siepelt (71), 1. Vorsitzender des Düneberger SV seit dem Jahr 2004, und Stefan Stark (50), Klubchef des VfL Geesthacht, an einem Tisch zum Gespräch gebeten. Dabei blickt das Duo in die Zukunft - und hält den Trend zum Großverein, sprich eine Fusion, für eher unwahrscheinlich.

bz/LL:

Was muss aus Ihrer Sicht ein moderner Sportverein in Geesthacht leisten, um attraktiv zu bleiben?

Helmut Siepelt:

Ein moderner Verein sollte heute in der Lage sein, Trendsportarten und traditionelles Vereinsleben anbieten zu können. Dazu sollte er wie ein flexibles Wirtschaftsunternehmen funktionieren. Viele Menschen, die heute in die Vereine gehen, wollen Sport kaufen, ähnlich wie in einem Fitnessstudio. Es gibt dieses Zugehörigkeitsgefühl in vielen Sparten einfach nicht mehr. Obwohl dieses Gefühl bei uns noch vorhanden ist. Unsere Fußballer sind Düneberger - und das wollen sie auch immer bleiben.

Stefan Stark:

Das, was wir früher an Zusammengehörigkeitsgefühl hatten, ist heute nicht mehr so ausgeprägt. Wir müssen uns eher demografisch und an den politischen Gegebenheiten orientieren. Kinder und Jugendliche bleiben in diesen Zeiten bis 17 Uhr in der Schule, machen dann Hausaufgaben, wollen Freunde treffen und gehen dann eben nicht mehr in den Sportverein. Die Demografie zeigt uns auf der anderen Seite aber auch, dass wir bei älteren Menschen im Bereich Fitness, Reha und ähnliches mehr Angebote schaffen müssen.

Durch die sich ausweitende Schulzeit wird es doch nicht leichter, Nachwuchs in Ihren Verein zu bekommen.

Stark:

Es gibt Kooperationen mit Schulen im Bereich des Ganztagsangebotes. Da ist die Stadt auf uns und den DSV zugekommen. Es gibt Stundenpläne, wann wir Trainer abstellen. Die Kosten der Übungsleiter werden in diesem Modell dann teilweise von der Stadt bezahlt. Das bringt uns in der Regel aber keine neuen Mitglieder.

Siepelt:

Eine weitere Problematik liegt bei den Trainern. Wir würden uns an diesen Schulkooperationen gern beteiligen, aber unsere Trainer arbeiten am Tag ja hauptberuflich. Zudem, und dies weiß ich aus persönlicher Erfahrung, werden die dort ehrenamtlich fungierenden Trainer von der Lehrerschaft häufig als Fremdkörper angesehen.

Was bleiben denn sonst für Strategien, um Geesthachter Nachwuchs zu rekrutieren?

Stark:

Wenn sie im Kindergartenalter sind, kommen die Kinder viel in unseren Turnbereich. Wenn sie schulpflichtig werden, wird es schwierig. Wir legen den Fokus deshalb erst einmal auf unseren Bestand, berücksichtigen wie gesagt den demografischen Aspekt. Die Menschen werden älter, auch deutlich gesundheitsbewusster.

In der Stadt vereinen Ihre beiden Klubs fast 4000 Mitglieder. Verträgt eine Stadt wie Geesthacht tatsächlich zwei große Sportvereine?

Siepelt:

Geesthacht verträgt beide Sportvereine. Man muss ja auch ein wenig die geschichtliche Entwicklung betrachten. Das sind alles gewachsene Strukturen. Jetzt darüber nachzudenken, aus zwei einen Verein zu machen, dafür ist das Traditionsbewusstsein bei den Mitgliedern noch zu stark. Wo man etwas machen könnte, wäre im administrativen Bereich. Alle Vereinsvorsitzenden aus diesem Raum sollten eine Arbeitsgemeinschaft der Geesthachter Sportvereine gründen und mit einer Stimme auftreten. Ich weiß nicht, wie wir eine Fusion bewerkstelligen wollen.

Stark:

Man darf in keinem Fall die wirtschaftliche Situation außer Acht lassen. In Zeiten steigender Kosten müssen Kräfte gebündelt werden. Warum machen wir aus zeitgleich trainierenden Gruppen des VfL und des DSV nicht eine Gruppe? So spare ich möglicherweise Ressourcen und Geld. Aber ganz ehrlich: Eine Fusion sehe ich eher nicht.

Siepelt:

Die Problematik bei zusammengelegten Sportgruppen ist, dass gewachsene Strukturen zerstört werden.

Die Sporttreibenden haben sich für ihre Gruppe und für ihre Übungsleiter entschieden. Dort finden sie ihre soziale Bindung und Geborgenheit. Was Stefan sagt, ist rational absolut richtig - wir dürfen aber nicht die Emotion beim Menschen vergessen. Es muss aber in jedem Fall eine Partnerschaft unter Nachbarn da sein.

Stark:

Wir haben eine gesellschaftliche Verantwortung als Sportverein. Da können wir nicht irgendwelche Grabenkämpfe auf dem Rücken der Bürger austragen.

Herr Siepelt, Sie sind acht Jahre Vorsitzender des Düneberger SV und wollten als DSV-Chef doch schon längst ausscheiden. Warum ist das Ehrenamt so unpopulär?

Siepelt:

Die berufliche Belastung bei jungen Menschen ist so hoch, dass sie für das Ehrenamt einfach keine Zeit und Lust mehr haben. Ein weiteres Problem liegt im gesellschaftlichen Ansehen eines solchen Amtes in unserer Stadt. Eine geringe Art der Vergütung oder Vergünstigung wurde zuletzt in der Ratsversammlung abgelehnt.

Stark:

Es gibt noch einen wichtigen Aspekt: Diejenigen, die sich ehrenamtlich mal innerhalb einer Abteilung engagiert haben und feststellen mussten, dass sie keine Rückmeldungen von den Mitgliedern bekommen haben, sind heute demotiviert. Ich muss gestehen, dass es mir genauso gehen würde, wenn ich im VfL nichts mehr bewegen kann.