Neue Währung: Den Letten fällt der Abschied vom Lat schwer - Er ist ein Stück nationale Identität

Seit dem 1. Januar gehört Lettland zur Eurozone - nun wird auch in Geesthachts Verschwisterungsstadt Kuldiga mit Euro bezahlt. Der kleine, aufstrebende Baltikumstaat, seit 1. Mai 2004 in der EU, hat hart daran gearbeitet, sich als souveräner, europäischer Staat zu etablieren. Doch die Einführung der neuen Währung löst gemischte Gefühle aus. "Wir Letten sind fleißig und diszipliniert, wollen als ebenbürtige Europäer dastehen. Aber mit dem Euro geht ein gehöriges Stück unserer nationalen Identität verloren. Denn wir müssen unsere eigene Währung, den Lat, aufgeben", sagt Sigita Vaivade aus Kuldiga. Sie arbeitet in der Forstwirtschaft und somit in einem der führenden Wirtschaftszweige Lettlands.

Als Sängerin im Kammerchor Rate bereiste Sigita Vaivade halb Europa, hatte den Euro oft in der Hand und bezahlte damit auch in Geesthacht. "Dennoch war es jedes Mal eine große Freude, zu Hause die Euros in unseren geschätzten Lat umzutauschen."

Am 21. August 1991 hatte die ehemalige Sowjetrepublik Lettland ihre Unabhängigkeit erlangt. "Auf einmal durften wir wieder angstfrei Lettisch sprechen. Und kein Rubel mehr, sondern unsere eigene Währung. Da war jeder Lette stolz", erzählt Sigita Vaivade. Den Fünfer zierte eine Eiche als Zeichen der Stärke Lettlands, den Zehner der Fluss Daugava, die Mutter aller Flüsse Lettlands. "Auf dem Zwanziger eine urlettische Siedlung, auf dem Fünfziger ein Schiff als Symbol dafür, dass wir am Meer und von der Fischerei leben", so Vaivade.

Besonders stolz sind die Letten auf den 100-Lat-Schein, auf dem Krisjanis Barons abgebildet ist, ein Ethnograf, der unzählige nationale Volkslieder gesammelt hat. Auf dem eher seltenen 500er: Milda, ein stolzes junges Mädchen, das früher die silberne Fünf-Lat-Münze schmückte.

Der Lat war allen wirtschaftlichen Turbulenzen zum Trotz eine starke und stabile Währung. Auch deshalb fällt es den Letten nicht leicht, sich davon zu trennen. Zudem soll dies schnell geschehen: Die Übergangszeit beträgt lediglich zwei Wochen. "Nur noch bis zum 15. Januar dürfen wir mit Lat bezahlen, dann ist endgültig Schluss", sagt die Rate-Chorsängerin Valda Gurina nachdenklich und traurig.

Den meisten Menschen, mit denen sie in den vergangenen Tagen gesprochen habe, falle der Abschied vom Lat schwer, so Sigita Vaivade. Andererseits gebe es auch Freude über die neue Währung, mache sie doch vieles leichter. "Vor allem bei jenen, die geschäftlich mit dem Ausland arbeiten. Sie müssen keine Umtauschgebühren mehr an die Banken zahlen."

In Kuldigas Supermärkten "Rimi" und "Elvi" herrschte am Freitag und Sonnabend dichtes Gedränge. Die Kassen müssen in diesen Tagen beide Währungen akzeptieren, dürfen allerdings Restgeld nur noch in Euro ausgeben. Allein das führt zu langen Schlangen an den Kassen. "Eine Kassiererin sagte mir, das Umrechnen selbst gehe schnell, aber die Herausgabe des Restgeldes in der fremden Währung falle ihr schwer. Es werde wohl noch eine ganze Weile dauern, bis man sich daran gewöhnt habe", sagt Sigita Vaivade.

In der Nachbarstadt Ventspils, so hat sie gehört, habe eine Rentnerin sogar die Annahme von Restgeld verweigert, weil es Euromünzen anderer Länder waren. Die alte Frau wollte nur die lettischen haben, denn alles andere könnte ja Falschgeld sein.

Sigitas Fazit: "Die Trennung vom Lat müssen bei uns vor allem die Älteren noch verarbeiten. Die junge Smartphone-Generation wird das neue Geld schnell und schmerzlos akzeptieren."

Lettlands Hauptstadt Riga ist in diesem Jahr Kulturhauptstadt Europas. "Da werden es die Besucher begrüßen, auch bei uns in Euro zahlen zu können", meint die Kuldigaerin. Die Einheimischen hofften außerdem sehr darauf, dass die Umrechnung fair vonstatten gehe und nicht alles teurer werde.