Bronzezeit-Dinner in der Gaststätte “Waidmannsruh“

Rehe, Kleeblätter, Brennnesselspitzen, Haselnüsse und Pilze findet man nicht nur im Wald und auf Wiesen, sondern auch auf der Menükarte der Gaststätte "Waidmannsruh". Der Bürgerverein Grünhof-Tesperhude hatte am Sonnabend zu einem außergewöhnlichen Abendessen eingeladen. Gastwirt Christian Warncke und sein Team servierten ein prähistorisches Fünf-Gänge-Menü - Gerichte, deren Zutaten schon vor über 3200 Jahren auf dem Speiseplan der Menschen standen. 62 Gäste lockte das Bronzezeit-Dinner, verknüpft mit zwei Kurzvorträgen über diese Epoche.

Und schon der Beginn des Abends war ungewöhnlich: Horst Baumbach vom Bürgerverein prostete allen zur Begrüßung mit einem Gierschwasser zu. Giersch ist eine Pflanze, die über Jahrhunderte zur Linderung von Schmerzen bei Rheuma und Gicht verwendet wurde. Im Anschluss kamen die von Christian Warncke kreierten Speisen auf den Tisch. Zunächst ein Kräutersalat: Kleeblätter und Blüten, dazu ein Mini-Fladenbrot, von der Bäckerei Sievert aus den uralten Getreidesorten Dinkel, Emmer, Einkorn und Hirse gebacken. Danach Suppe aus Brennnesselspitzen, die Brühe verfeinert mit Knochenmark und Knollengemüse.

Zugegeben: Etwas flau und erdig schmeckte der Einstieg. Doch umso deftiger und richtig lecker urig wurde der Hauptgang: Wildschwein und Rehkeule, mit Kräutern und Blättern gegrillt, mit Mischpilzen, in Schmalz gebratenem Bauchspeck, Linsen, Erbsen und Saubohnen garniert. Durch die verloderten Blätter erhielt das Fleisch ein rauchiges Aroma. Der Koch musste komplett ohne gängige Gewürze, wie Salz, Pfeffer oder Paprika auskommen.

Zum Hauptgang wurde ein naturtrübes, aus Emmer, Einkorn, Gerste, Dinkel und Hopfen gebrautes Bier serviert, das bitterer und herber schmeckte, als ein herkömmliches Pils, aber auch eine süßliche Komponente hatte. "Ich mag sonst überhaupt kein Bier", sagte etwa Hiltraud Otte. "Aber dieses schmeckt mir." Den Nachtisch kreierte Christian Warncke aus Dickmilch, Honig, Wildbirne und Haselnuss. Dazu ein Glas Met (Honigwein).

Historiker Dr. Carsten Walczok hielt einen Vortrag über die Bronzezeit: "Sie gilt als Anfang unserer Geschichte. Die Erfindung und Herstellung der Bronze animierte die Menschheit erstmals dazu, Rohstoffe und Werkzeuge bedarfsorientiert herzustellen. Statt in den Wald zu gehen und sich zu holen, was es gab, fing der Mensch an, gezielt zu produzieren."

Die Bronzezeit erreichte nach Palästina und Ägypten etwa 2200 v. Chr. Europa. "Die Legierung neun Teile Kupfer, ein Teil Zinn revolutionierte das Leben. Bronzebarren wurden zum Zahlungsmittel, Schwerte und Kriegerrüstungen wurden ebenso hergestellt wie unzählige Gegenstände des täglichen Gebrauchs", erzählte Dr. Walczok.

Helmut Knust vom Heimatbund und Geschichtsverein ergänzte: "Das Hügelgrab alias Totenhaus bei Grünhof-Tesperhude von 1200 v. Chr. ist eines der wenigen Relikte der bronzezeitlichen Vergangenheit. Dennoch gibt es in Geesthacht weitere Stätten, an denen einige Funde ausgegraben wurden." Eine winzige Axt, eine Lanzenspitze und eine Sicherheitsnadel hatte Knust mitgebracht. Alles feste Beweise dafür, dass in unserer Region schon vor mehr als 3000 Jahren Menschen gelebt haben. "Was wir nicht wissen: Wie haben sie gesprochen? Auch, wie sie gegessen und sich gekleidet haben, können wir nur vermuten."