Exkursion mit Traute Tockhorn-Kruckow - Die Waldpägagogin ermutigt zu einem Spaziergang mit offenen Sinnen

Der Herbst ist genau die richtige Jahreszeit für ausgedehnte Spaziergänge. Bewegung und frische Luft tun jetzt gut. Und wer mit offenen Augen unterwegs ist, kann in der Natur viel entdecken. Traute Tockhorn-Kruckow, Forstwissenschafterin und Waldpädagogin, hat unsere Zeitung bei einer Exkursion durch den Wald bei Grünhof begleitet. Über Bäume, Tiere und die Geschichte des Gebietes kann sie viel erzählen - und ermutigt, einfach mal genauer hinzusehen. Vielleicht auch ein Tipp für einen Wochenendausflug mit der ganzen Familie in den Wald?

Drei Wege führen durch das Naturschutzgebiet "Hohes Elbufer": der untere direkt an der Elbe, der mittlere, auf dem der Elberadweg entlangführt und der obere, der Lauenburger Fußsteig. "Das Reizvolle ist, dass man zwischen diesen Wegen hin und her wechseln kann. So eröffnen sich immer neue Perspektiven auf den Wald und auf die Elbe", sagt Traute Tockhorn-Kruckow. Zehn Dinge, die Spaziergänger entdecken können (und es gibt noch mehr):

Wildschweinspuren: Im Auwald direkt am Elbufer ziehen sich schmale Pfade ins matschige Dickicht. "Sie stammen von Wildschweinen, die sich jetzt in den Wald zurückkehren, weil die Maisfelder abgeerntet werden." Aber: Bitte nicht stören! Denn der Streifen an der Wasserkante steht unter besonderem Schutz.

Schutzhütte: Am Elberadweg liegt eine Schutzhütte, die Zivis errichtet haben. Hier können Spaziergänger ein Picknick machen. Unter dem gemütlichen Holzspitzdach werden manchmal sogar Kindergeburtstage gefeiert. Und auf der Lichtung ist genug Platz zum Spielen und Toben.

Eiszeitliche Schluchten: Tiefe Rinnen ziehen sich immer wieder durch den Steilhang. Hier floss in der Eiszeit das Wasser ab ins Urstromtal der Elbe, das viel größer war als der heutige Fluss. Mitgebracht hat das Eis große Findlinge, die überall im Elbhang stecken.

Kiefern: Auf dem Sandboden, der hier ursprünglich vorherrschte, wuchsen früher fast nur Kiefern. "Sie brauchen offene Flächen, um zu keimen", erklärt Traute Tockhorn-Kruckow. Weil sich in dem Wald immer mehr Humus bildet, geht der Bestand zurück. Nährstoffe verträgt die anspruchslose Kiefer nicht. Buchen und Erlen wachsen nach. Die Erlen vertragen im Gegensatz zu den Buchen auch feuchte Standorte. "Und sie sind die einzigen Laubbäume, die Zapfen tragen", weiß Traute Tockhorn-Kruckow. Junge Buchen am Elbufer, die wie vertrocknet aussehen, sind übrigens ertrunken - Opfer des Hochwassers vom Juni.

Sandinseln: Durch die wechselnde Wasserstände und Strömungen in der Elbe entstehen immer neue Sandinseln. Besonders an den Buhnen, die vor einiger Zeit verlängert wurden, setzt sich jetzt mehr Sand ab. Und schnell siedeln sich darauf junge Weiden an.

Spechte und Eichelhäher: Überall sieht man die Löcher der Spechte. Sie bevorzugen tote oder morsche Bäume. Und wer ganz leise ist, kann vielleicht sogar einen Eichelhäher im Gebüsch überraschen, bevor er mit seinem lauten Schrei alle anderen Waldbewohner vor den Spaziergängern warnt.

Kriegsspuren: Zum Ende des Zweiten Weltkriegs war der Elbhang Kampfplatz. Davon zeugen die Bombentrichter im Waldboden. Und in vielen alten Bäumen stecken noch Granatsplitter. "Das Holz lässt sich schlecht verkaufen, weil es die Sägen beschädigt", sagt die Forstexpertin.

Exoten: In der Nähe der Revierförsterei stehen einige alte exotische Bäume. Vielleicht, weil frühere Förster, wenn sie Bäume zum Nachpflanzen kauften, Exoten dazu geschenkt bekamen, vermutet Traute Tockhorn-Kruckow. Am Weg, der von der B 5 zur Försterei führt, lässt eine Esskastanie jetzt ihre fein umstachelten Früchte fallen. Und in der Nähe steht eine Douglasie - sie hat dekorative kleine Zapfen.

Beeren: Rote Beeren leuchten im Gebüsch - die Hagebutte ist bei Vögeln ein beliebter Herbstsnack.

Biber: Wer einen Biber erblickt, hat großes Glück. Denn die Tiere sind so scheu, dass sie sofort untertauchen, wenn sich Menschen nähern. Aber ihre Spuren zeigen sich überall: Die Rinde mancher Bäume ist abgenagt. "Hier war es wohl das Moos, das ihnen besonders schmeckte", erklärt die Expertin. Denn Rinde fressen die Nager eigentlich nur im Winter, wenn sie nichts Saftigeres finden.