Hamwarder befürchten Lärm und Straßenschäden

Nun ist es vorbei mit der Harmonie, für die Hamwarde sonst so bekannt ist. Ein Landwirt aus dem Ort will hinter seinem Bauernhof an der Dorfstraße eine Biogasanlage errichten. Und statt, wie früher versprochen, über Feldwege zu fahren, sollen die Fahrzeuge, die Mais und Zuckerrüben anliefern, quer durch das Dorf donnern. "Die Bürger sind auf den Barrikaden", fasst Bürgermeister Friedrich-Wilhelm Richard (SPD) die Lage in dem 750-Einwohner-Ort zusammen.

Der erzeugte Strom aus der 550-Kilowatt-Anlage soll für 2000 Haushalte reichen, das Gas im Heizwerk der Geesthachter Stadtwerke am Barmbeker Ring verfeuert werden und Wärme für 285 Wohnungen liefern.

Die Idee zu dem Millionenprojekt hatte Manfred Lemke, Bauer aus Hamwarde. Er und seine Kollegen Frank Lütten (aus Brunstorf) sowie Ferdinand Deeken, Karsten Hümpel und Manfred Pemöller (alle aus Wiershop) wollen das Vorhaben realisieren. Über Jahre galt eine Biogasanlage als betriebswirtschaftlich nicht tragbar. Mit den Stadtwerken als Gasabnehmer rechnete es sich doch.

Aber nun regt sich Widerstand. Richard hatte zu einer Einwohnerversammlung eingeladen, um die Hamwarder über den aktuellen Stand des Projekts zu informieren. "Wir sind nicht gegen eine Biogasanlage, wir wollen allerdings ein vernünftiges Konzept", sagt der Bürgermeister. Ursprünglich sollte der Verkehr über Feldwege rollen. "Aber ein Gutachten hat ergeben, dass die Wege dafür nicht ausgelegt sind", sagt Richard. Jetzt will der Landwirt mit den Transportern über die öffentlichen Straßen fahren - immerhin geht es rechnerisch um 2516 Fahrten im Jahr. Einen städtebaulichen Vertrag, in dem Reparaturkosten für die Straßen geregelt werden und den die Kreisverwaltung vorgeschlagen hatte, lehnte Lemke ab. "Es kann ja nicht sein, dass unser Dorf die Kosten zu tragen hat, während die Investoren den Gewinn einstreichen", sagt der Bürgermeister.

Rechtlich gibt es kaum Möglichkeiten, das Vorhaben zu verhindern. Weil die Biogasanlage dicht genug am Hof des Landeswirtes gebaut werden soll, besteht eine privilegierte Genehmigungssituation: Selbst wenn die Gemeinde ihr Einvernehmen versagt, würde der Kreis die Baugenehmigung erteilen. Doch die Auseinandersetzung über die befürchtete Verkehrsbelastung vergiftet die Stimmung im Dorf.

Die fünf Landwirte bewirtschaften zusammen eine Fläche von 1000 Hektar Land. Für den Betrieb der Biogasanlage, die laut Gesetz mit maximal 60 Prozent Mais gefüttert werden darf, ist eine Ackerfläche von rund 250 Hektar nötig. Dieselbe Fläche ist erforderlich, um das vergorene Substrat nach dem Prozess wieder auszubringen. Als zusätzliche Stoffe, die in der Biogasanlage vergoren werden, sollen auch Zuckerrüben sowie Pflanzen- und Gras-Silage dienen. 7000 Tonnen Mais, 2500 Tonnen Zuckerrüben und 1500 Tonnen Silage, so die Berechnungen, sind nötig, um die Biogasanlage zu betreiben. Übrig bleiben davon 9000 Tonnen Gärsubstrat, das auf Felder ausgebracht wird. Zusammen also 20 000 Tonnen, die mit Traktorgespannen transportiert werden müssen.

"Wir werden nicht mit Treckern durch Hamwarde fahren", hatte Lemke in der Gemeindevertretersitzung bei der ersten Präsentation des Vorhabens 2012 gesagt. Davon rückt er jetzt ab - und lässt nur noch seinen Anwalt reden.