Kooperation: BvS und Eltern einigen sich auf ein integriertes Angebot

Eineinhalb Jahre lang standen türkische Eltern in Geesthacht vor einem Dilemma: In der gebundenen Ganztagsschule in der Oberstadt werden ihre Kinder verbindlich betreut, können Hausaufgaben machen, ein Instrument lernen oder Sport treiben. Soweit so gut. Nur, ein Besuch der Türkischen Schule am Buntenskamp an einem Nachmittag in der Woche war für die Kinder zeitlich nicht mehr machbar. Deshalb nahm die Vorsitzende des Türkischen Elternvereins, Sevgi Özcakir, Kontakt zum Schulleiter, René Imort auf, um eine Lösung zu finden. Das ist jetzt passiert: Im September beginnt Lehrer Jahir Elhanay mit Nachmittagsunterricht an der Bertha-von-Suttner-Schule (BvS) in der Oberstadt.

Dass diese Entscheidung Zeit gebraucht hat, begründet Schulleiter René Imort so: "Wir mussten klären, welche Aufgaben die Türkische Schule hat und wie der Unterricht zu unserem Gemeinschaftsgedanken passt." Es galt viele Fragen zu beantworten, etwa: Wer unterrichtet eigentlich an der türkischen Schule und welche Lehrbefähigung hat er? Wie sieht der Unterricht inhaltlich und konzeptionell aus? Und: Wie lässt sich der Unterricht in das übrige Ganztagsangebot integrieren?

120 Schüler besuchten bis vor eineinhalb Jahren die Türkische Schule, etwa ein Viertel der Kinder konnte laut Özcakir aufgrund des gebundenen Ganztags nicht mehr hingehen, da sie bis um 15.30 Uhr in der Schule sind. Ab September werden sie nun einen Nachmittag pro Woche an der BvS unterrichtet. Sie lernen etwas über die Geschichte der Türkei und die Sprache ihrer Eltern. "Religionsunterricht findet nicht statt. Dafür haben wir die Moschee", sagt Özcakir. Lehrer Elhanay ist vom türkischen Konsulat bestellt. Er bleibt fünf Jahre in Deutschland, unterrichtet danach wieder in der Türkei. "Das gleiche Modell gibt es mit deutschen Lehrern, die für eine Zeit an einer Deutschen Schule im Ausland unterrichten", sagt Imort und weist darauf hin, dass in dem Fall sogar der komplette Unterricht auf Deutsch ist - und die Kinder nicht zusätzlich eine Schule des Landes besuchen.

Ein Knackpunkt in der Diskussion zwischen Schule und Eltern war die Frage, ob auch deutsche Kinder den türkischen Unterricht besuchen könnten, um die Sprache zu lernen. "Zunächst ist das Angebot nur für Kinder, die von Haus aus bereits Türkisch-Vorkenntnisse haben", sagt Anja Troppenz, Ganztagskoordinatorin an der BvS. Das sei zunächst nicht anders zu organisieren. Innerhalb der kommenden zwei Jahren soll das Angebot allerdings erweitert werden, so dass auch deutsche Kinder Türkisch für Anfänger lernen können.

"Wir hatten natürlich zunächst Bedenken", gibt Imort offen zu, "und fragten uns, ob wir Abgrenzung befördern. Doch ist es nicht besser, den Unterricht hier zu integrieren und zu begleiten, als dass die Kinder außerhalb der Schule an einem anderen Ort lernen? Wäre das nicht eher ein Auseinandertreiben?" Imort weist darauf hin, dass man nur einen Nachmittag für die Türkische Schule geöffnet hat, damit türkische Kinder auch an vielen anderen Ganztagsangeboten teilnehmen können. "Außerdem haben wir zwei Lehrerinnen mit türkischen Wurzeln im Kollegium, die selbst eine Türkische Schule besucht haben und vermitteln können."

Auch der Elternbeirat der Schule war in den Entscheidungsprozess eingebunden. Sevgi Özcakir freut sich: "Es ist wichtig für die Kinder beide Sprachen richtig zu lernen. Denn viele Verwandte daheim können nicht ordentlich Deutsch, da ist es besser sie sprechen mit den Kindern korrektes Türkisch, als falsches Deutsch."

Übrigens: Im Ganztagsangebot gibt es auch Fremdsprachen wie Spanisch oder Chinesisch sowie Türkisch Kochen oder Förderunterricht für die Deutsche Sprache. Diese Angebote sind natürlich offen für alle.