Behandlungsfehler: Explodierende Versicherungsprämien, immer weniger Anbieter

Die Krankenhäuser in Schleswig-Holstein haben immer öfter Probleme, eine Haftpflichtversicherung gegen die Folgen möglicher Behandlungsfehler abzuschließen. Und wenn sie einen Anbieter finden, dann zu horrend hohen Prämien. "Unser Beitrag für die Haftpflichtversicherung ist zum Jahresbeginn um 32 Prozent gestiegen", berichtet Carsten Schwaab, der Geschäftsführer des Johanniter-Krankenhauses am Runden Berg. Andere Kliniken müssen nach Kenntnissen des Verbandes der Privatkliniken teilweise doppelt so hohe Prämien wie bisher zahlen.

"Ich schätze, dass die Erhöhung der Prämien insgesamt zu Mehrbelastungen von bis zu sechs Millionen Euro führt", erklärt Bernd Krämer, der Geschäftsführer des Verbands in Kiel. Von der Prämienerhöhung seien landesweit etwa 75 Krankenhäuser betroffen. "Nicht alle werden diese Steigerungen verkraften können", fürchtet Verbandssprecherin Ulrike Petersen. Das Johanniter- Krankenhaus zahlt dieses Jahr 220 000 Euro.

Die Geesthachter Klinik hat einen Makler beauftragt, eine geeignete Haftpflichtversicherung zu finden. "Dabei ist das Angebot mittlerweile extrem eingeschränkt, es gibt nur noch zwei große Anbieter", so Schwaab. Nachdem ein dritter Anbieter sich wegen hoher Schäden aus dem Geschäftsfeld zurückgezogen hatte, mussten sich viele Kliniken einen neuen Versicherer suchen, weiß Schwaab. Dabei sei es dann ebenfalls zu drastischen Prämiensteigerungen gekommen. "Man hört gerüchteweise auch, dass Krankenhäuser bei zu vielen Komplikationen aus der Versicherung fliegen würden", berichtet der Geschäftsführer.

Die Haftpflichtversicherungen der Krankenhäuser sind immer dann gefordert, wenn es nachweislich zu Behandlungsfehlern und dadurch ausgelösten gesundheitlichen Beschwerden bei Patienten kommt. "Die Prämien richten sich dabei nach den Abteilungen, die angeboten werden. Wenn man, wie wir, eine Geburtshilfeabteilung hat, ist die Prämie am höchsten. Denn wenn bei der Geburt einem Baby etwas passiert, muss die Versicherung unter Umständen ein ganzes Leben lang zahlen", erklärt Schwaab. Vor demselben Problem stehen auch niedergelassene Ärzte, die ihre Patientinnen in Krankenhäusern über Belegbetten betreuen, und Hebammen.

Verband fordert einen finanziellen Ausgleich

"Wir bekommen die Erhöhungen der Versicherungsprämien ebenfalls mit, sind aber vom Marktgeschehen viel unabhängiger. Nur wenige Fälle landen noch beim Versicherer, rund 90 Prozent bearbeiten und regulieren wir als Unternehmen selbst", sagt Christian Becker, Sprecher von Helios. Die Gruppe betreibt in Geesthacht die Rehaklinik an der Johannes-Ritter-Straße.

Der Verband der Privatkliniken fordert vor dem Hintergrund der steigenden Versicherungsprämien von der Politik einen Ausgleich - etwa aus dem Budget der Krankenversicherungen. Exakt 12 232 Fälle wurden im vergangenen Jahr bei der Gutachterstelle der Ärzteschaft wegen des Verdacht auf Behandlungsfehler registriert, wie aus einer Statistik der Bundesärztekammer hervorgeht. Das waren 1000 Verdachtsfälle mehr als im Jahr zuvor - bei 18 Millionen Behandlungen in deutschen Kliniken und 540 Millionen Behandlungen im privatärztlichen Bereich.

Im Geesthachter Johanniter-Krankenhaus stehen 274 Betten zur Verfügung. 2012 wurden 12 000 Patienten stationär aufgenommen und 20 000 ambulant behandelt. Zurzeit laufen umfangreiche Modernisierungsarbeiten in dem Gebäude am Runden Berg.