Polizei: Vom Verkehrsdelikt bis zur schweren Körperverletzung - Suchtberater warnt vor Pauschalurteil

Vier Körperverletzungen, drei hilflose Personen, dazu Widerstand gegen die Staatsgewalt, Beleidigungen und völlige Ausraster. Am vergangenen Wochenende hatten Geesthachts Polizisten ordentlich zu tun. Ein Grund dafür war der Alkoholkonsum. Bei insgesamt 13 Einsätzen hatten die Beamten mit be- oder angetrunkenen Personen zu tun - die Pegel reichten von 0,8 bis 2,8 Promille.

Nun können die vergangenen Tage zwar nicht als typisch gelten, denn mit dem Funbeach-Turnier in Kröppelshagen und dem Rockbi-Festival auf dem Menzer-Werft-Platz gab es zeitgleich zwei Großveranstaltungen in der Region. Trotzdem stimmen die Vorfälle Geesthachts Polizeichef Thomas Specht nachdenklich. "In Kröppelshagen ist mir aufgefallen, wie schnell große Mengen an alkoholischen Getränken konsumiert werden", sagt der 58-Jährige. Entsprechend oft lag der Pegel über zwei Promille. "Das kann man aber auf keinen Fall dem Veranstalter anlasten", betont Specht, denn die Regeln für den Alkoholausschank seien bereits sehr streng. "Hier ist jeder selbst verantwortlich." Außerdem seien er und seine Kollegen nicht nur bei Festivals oder ähnlichen Ereignissen mit dem Thema konfrontiert.

Auch am vorletzten Wochenende gab es alkoholbedingte Körperverletzungen und Beleidigungen. Specht nennt Zahlen aus dem vergangenen Jahr als Beispiel. Von 231 Körperverletzungen sind 100 unter Einfluss von Alkohol begangen worden. Auffällig ist das Verhältnis bei dem Straftatbestand der gefährlichen Körperverletzung, wenn der Täter etwa einen Gegenstand einsetzt oder mehrere Personen auf ein Opfer losgehen. 2012 gab es in Geesthacht 77 Taten, 48 davon unter Alkoholeinfluss.

Hinzu kommen Einsätze, wo Beamte sich um stark betrunkene Menschen kümmern müssen: "Eine hilflose Person, die betrunken auf der Parkbank liegt und für sich selbst unter Umständen eine Gefahr darstellt, haben wir im Schnitt mindestens einmal pro Woche", hat Specht ausgerechnet. Im Sommer häufiger als im Winter. Oft kommen sie in eine Ausnüchterungszelle, wenn sie daheim niemand in Obhut nehmen kann.

"Und dann gibt es noch die Verkehrsdelikte", sagt Specht. Hier ist die Polizei auf einen Bluttest angewiesen, um die Promillezahl genau zu bestimmen. "Unter 1,1 Promille handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, darüber um eine Straftat." Am vergangenen Wochenende hielten die Polizisten zwei Autofahrer mit mehr als 1,1 Promille an und einen mit weniger.

Auch wenn sich Specht sicher ist, dass ohne Alkohol die Zahl der Straftaten deutlich sinken würde, hält er Verbote nur in Ausnahmefällen für den richtigen Weg. "Wir haben zum Beispiel beim Teichfest in Grünhof ein Flaschenverbot eingeführt und auch das Verbot von Alkohol in der Hamburger S-Bahn ist sicherlich sinnvoll, denn da ist wirklich viel passiert." Ansonsten setzt Specht auf Aufklärung und präventive Arbeit. Dafür sind in Geesthacht und Lauenburg Ulrich Plönske und sein Team von der Alkohol- und Drogenberatung zuständig.

Der Experte warnt angesichts der Statistiken vor einem vorschnellen Urteil: "Menschen reagieren unter Alkoholeinfluss sehr unterschiedlich. Nur jene, die ruhig und schläfrig werden, fallen nicht auf." Dass Straftaten oft im be- oder angetrunkenen Zustand geschehen, sei allerdings nachvollziehbar: "Menschen sind enthemmter, wenn sie getrunken haben, lassen sich zu Dingen hinreißen, die sie nüchtern niemals tun würden." Deshalb sei rechtzeitige Aufklärung so wichtig. "Wir gehen regelmäßig in die Schulen. Selbst in der sechsten Klasse haben einige schon Erfahrung gesammelt." Plönske kritisiert, dass es Minderjährige zu leicht hätten, Alkohol zu kaufen und dass die finanziellen Mittel für Präventionsprogramme immer weiter zusammen gestrichen werden. "Viele Schulen müssen unseren Besuch heute aus eigener Tasche zahlen."