Frauenverein: Nachwuchs fehlt - Traditionsverein löst sich auf - Clubhaus geräumt

Die Stimmung in den Räumen des Geesthachter Frauenvereins an der Fährstraße 9 ist an diesem Sonnabend nicht so gelöst wie sonst: Nach dem Treffen werden die Kartons gepackt. Der Verein löst sich auf.

"Es hat einfach keinen Zweck mehr", sagt Inge Schnittke. Die Geesthachterin hatte den Verein in den vergangenen zwölf Jahren geleitet. "Vor gut zehn Jahren hatten wir noch 70 Mitglieder, jetzt stehen gerade mal 15 auf der Liste und nur vier bis fünf kamen zu den Treffen", erzählt die 71-Jährige. Viele seien verstorben, und jüngere Leute interessierten sich nicht für den Verein. Das liege auch daran, dass es heute ein breites Angebot an Möglichkeiten gebe. "Die Leute sind im Sportverein, in der Kirche oder bei der Awo", so Schnittke. Außerdem biete der Oberstadttreff allerhand Aktivitäten an.

Dabei hat der Frauenverein in Geesthacht eine über 100 Jahre lange Tradition. 1905 wurde er von Pastoren-Gattinnen gegründet. "Damals ging es auch viel um karitative Arbeit - vor allem in den beiden Weltkriegen", erzählt Schnittke. Auch Handarbeiten haben die Frauen gemacht, noch bis vor zehn Jahren haben sich die Mitglieder einmal pro Woche zum Stricken, Sticken und Häkeln getroffen.

Anita Brumm erinnert sich noch gut, welche Bedeutung der Verein früher hatte: "Ich bin praktisch in den Verein hineingeboren", sagt sie. Ihre Oma sei kurz nach der Gründung eingetreten und sie selbst - heute 91 Jahre alt - sei seit dem 18. Lebensjahr im Verein aktiv. Früher seien auch viele junge Frauen im Verein gewesen.

"Ich bin sehr traurig, dass jetzt Schluss ist", sagt Lisa Filor. Sie sei gern zu den Klönnachmittagen am Dienstag und zum Bingo gekommen. Zudem trafen sich die Frauen einmal pro Jahr zum Karpfenessen und zum Spargelessen. Früher haben sie auch Ausfahrten gemacht, in die Heide oder nach Husum. Dass Inge Schnittke vor zwölf Jahren die Leitung übernahm, sei ein Glücksfall gewesen, sind sich die Damen einig. Nicht nur die Treffen und die Finanzen betreute Schnittke, sie besuchte die Frauen bei runden Geburtstagen oder wenn sie krank waren. Auch die Beerdigungen vieler ehemaliger Mitglieder hat sie besucht. "Ich habe zuvor 24 Jahre meinen Vater gepflegt, mit 102 ist er gestorben. Danach hat der Verein eine neue Leiterin gesucht, ist auf mich zugekommen." Die Frauen wollen sich künftig noch privat treffen.

Das Clubhaus an der Fährstraße wird jetzt ausgeräumt. "Früher gehörte das Gebäude der Stadt, mittlerweile ist es verkauft, wir durften aber bleiben", sagt Schnittke. Die Stadt sei für die Miete aufgekommen. Bei so wenig Teilnehmern lohnten die Unkosten jedoch nicht mehr.

Nach dem Bingospiel galt es am Sonnabend zusammenzupacken. Für viele Möbel ist ein Abnehmer gefunden. Und die Glocke, mit der jedes Mal das Bingo-Spiel eingeläutet wurde, will Anita Brumm mit nach Hause nehmen: "Als Andenken."