Geesthacht. Diesen Geburtstag wird Horst Funke nie vergessen: Über 100 Freunde und Stammgäste stürmten am Dienstagabend das “Vanilla“. Sie wollten dem Geesthachter Kultwirt zum 60. gratulieren und gleichzeitig Abschied feiern:

Denn bevor Horst Funke im Biergarten an der Geesthachter Straße die Hände der Gäste schüttelte, hatte er einen Notartermin - um sein "Vanilla" zu verkaufen. "Der Tag passte perfekt. Ich bin jetzt 60 Jahre alt und langsam ist genug", sagte Funke, der das "Vanilla" mit seinem trockenen Humor fast 30 Jahre prägte. "Ich habe ja schon eine Zeit lang einen Käufer gesucht. Jetzt hatte ich großes Glück, dass es genau an meinem Geburtstag geklappt hat."

In dem cremefarbenen Haus an der Geesthachter Straße feierten Generationen von Geesthachtern - oder genossen ihr Feierabendbier. "Wir haben hier tolle Zeiten gehabt. Ich erinnere mich gern zurück, wie wir bis zum frühen Morgen gefeiert haben und dann noch mit 20 Leuten auf den Fischmarkt gefahren sind", sagt der Wirt. "Leider ist sowas immer seltener geworden. Die Zeiten haben sich einfach geändert." Besonders die Einführung des Euro und die Wirtschaftskrise hätten sich unter den Kneipiers bemerkbar gemacht - auch wenn Funke auf viele Stammgäste zählen konnte. "Einige waren von Anfang an dabei", sagt der Geesthachter stolz.

Mit seinen Gästen feierte der Wirt am Dienstagabend ausgelassen Abschied - jetzt kommt für ihn der wehmütige Teil. "Meine Wohnung im ersten Stock und den Keller habe ich schon ausgeräumt. Nun muss ich die Kneipe ausräumen." Denn das ist die schlechte Nachricht: Das "Vanilla" ist geschlossen - und wird nie wieder eröffnen. "Zwei junge Leute haben das Haus gekauft. Die wollen das gesamte Gebäude als Wohnraum nutzen", so Funke. "Ich bin jedenfalls sehr froh, dass das Haus stehen bleibt. Es abzureißen und hier eine Autowaschanlage zu eröffnen, wäre ein Frevel gewesen."

Schließlich verbindet Funke mit der 1905 gebauten Villa mehr als sein halbes Leben. Als das Gebäude 1974 zum ersten Mal betrat, wollte er hier zum Arzt gehen. "Damals dachte ich nicht, dass ich irgendwann aus der Praxis eine Kneipe machen würde", sagt der Geesthachter. Doch als der damalige Betonbaumeister 1983 mit seiner Familie umziehen wollte, stand das Haus leer. Kurzerhand mietete er das Gebäude, verwandelte die Praxis in wochenlanger Arbeit in eine Kneipe. Die Familie zog in den ersten Stock. "Als ich am 21. Oktober 1983 eröffnete, hatte ich gleich am ersten Abend die Monatsmiete raus", erinnert sich Funke. Der Laden hat gebrummt. So sehr, dass der Wirt die Villa 1992 kaufte.

Vermissen wird Horst Funke vor allem seine Stammgäste. "Ich kann allen, die das ,Vanilla' geliebt haben, nur danken. Es war eine tolle Zeit", so der Kneipier. Aufs Altenteil will er sich aber noch lange nicht setzen. "Ich kann nicht ohne Arbeit. Ich werde jetzt wieder im Sanitärbereich tätig sein und Bäder bauen", sagt Funke. "Aber in Geesthacht bleibe ich auf jeden Fall."