Geesthacht. Barbara Lampe hat zu tun. Sie verteilt Trinkgläser an durstige Senioren. Zwölf Damen und Herren haben gerade in den Räumen der Arbeiterwohlfahrt (Awo) am Markt 26 Kaffee getrunken und möchten nun ein Glas Wasser haben, um dann eine Runde Karten zu spielen. Alle 14 Tage ist Barbara Lampe hier, um die Seniorengruppe zu betreuen.

Die 63-jährige Kollowerin tut das ehrenamtlich. Bis sie 58 Jahre alt war, arbeitete sie als Fotografin, musste nach einer Erkrankung frühzeitig in den Ruhestand gehen. "Das war ein bisschen, als ob man in ein Loch fällt. Ich wollte etwas tun", sagt sie. Auch im Arbeitsleben hatte sich Barbara Lampe nebenher ehrenamtlich in der Schule oder im Kindergarten engagiert - nun erfuhr sie, dass die Awo Betreuerinnen suchte.

Barbara Lampe gehört zu einer schrumpfenden Minderheit. Denn Ehrenamtliche gibt es immer weniger. Tendenziell gehe die Zahl der Menschen zurück, die sich engagieren, sagt Detlef Pröve vom Ehrenamtsforum im Herzogtum Lauenburg. Etwa 60 000 Menschen seien aktuell im Kreis Herzogtum Lauenburg ehrenamtlich aktiv, schätzt Pröve. Bundesweit sind es rund 17 Millionen Bundesbürger, also 24 Prozent der Bevölkerung, die ein Ehrenamt ausüben, sagen Zahlen des Meinungsforschungsinstituts Emnid, die das Deutsche Rote Kreuz (DRK) jüngst veröffentlicht hat. Weiteres Ergebnis der Studie: Überraschenderweise engagieren sich bundesweit mehr Männer als Frauen ehrenamtlich. Aktivste Altersgruppe sind die 50 bis 59-Jährigen. Für den Kreis kann Detlef Pröve das allerdings nur teilweise bestätigen. "Im Schnitt sind die Ehrenamtlichen bei uns etwa 50 Jahre alt, es sind aber vor allem die Frauen, die sich engagieren, meist im sozialen- oder im Gesundheitsbereich", sagt er.

Männer seien dagegen eher in Sport- und Schützenvereinen oder bei der Feuerwehr aktiv. In den letzten Jahren hat sich das Ehrenamt nach Pröves Beobachtung allgemein verändert. Während ein freiwilliges Engagement sich früher über ein ganzes Leben hinzog, seien heute Kinder bis in die Pubertät engagiert, etwa in Sportvereinen. "Danach fängt das wieder an, wenn die Familienphase vorbei ist, also mit 40 oder später", so Pröve.

Und so hat der Geesthachter Seniorenbeirat auch keinerlei Probleme mit den Ehrenamtlichen. "Bei uns engagieren sich sehr viele Menschen, die wachsen da über unsere Sport- oder Spielegruppen rein", sagt Klaus Radszuweit vom Seniorenbeirat. Bei der Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen Kibis sieht das etwas anders aus. "Ich beobachte, dass die Menschen seit einigen Jahren zurückhaltender in ihrem Engagement geworden sind. Es gibt da eine Hinwendung zum Privatleben", sagt Renate Schächinger von Kibis. Dadurch, dass in den insgesamt 29 Geesthachter Selbsthilfegruppen Betroffene Betroffenen helfen, finde sich zwar meist jemand, der dazu bereit sei, "aber es gibt immer wieder Themen, zu denen wir keine Gruppe zustande kriegen. Zum Beispiel Mobbing oder Burnout." Und Monika Weis von der Awo Ortsgruppe Geesthacht sagt: "Wir haben deutlich weniger Engagierte, als vor zwei Jahren." Meist seien es Frauen zwischen 65 und 70 Jahren, die freiwillig bei der Awo arbeiteten. "Für unsere Seniorengruppen bräuchten wir noch mehr Unterstützung", sagt sie.

Über die Freiwilligenagentur vom Oberstadttreff kommen Menschen, die sich in Geesthacht engagieren möchten, seit anderthalb Jahren mit passenden Organisationen zusammen. 33 Freiwillige haben sich seit Bestehen der Agentur für 26 Stellen gemeldet. "13 von ihnen konnten wir vermitteln, den anderen mit Kontakten helfen", sagt Thomas Vagedes vom Oberstadttreff.

Barbara Lampe ist froh über ihre Tätigkeit bei der Awo. Auch wenn sie dafür von Bekannten manchmal belächelt wird. "Die fragen dann: Und was hast du davon?", erzählt sie. Barbara Lampe ärgert es, dass das Ehrenamt nicht gewürdigt wird. Ihr macht es Spaß. "Es ist gut, etwas zu tun zu haben. Und ich bekomme von den Damen und Herren hier unheimlich viel zurück", sagt sie.