Geesthacht. Färbt der Herbst die Blätter bunt, freuen sich Jürgen und Gerda Westedt auf eine reiche Apfelernte. Jahr für Jahr bescherten die beiden Apfelbäume in ihrem Garten am Marksweg den Rentnern eimerweise leckere Bioäpfel - ungespritzt und gesund.

Doch als die beiden Geesthachter in diesem Jahr die Früchte vom Baum holen wollten, erlebten sie eine böse Überraschung: "Als wir ernten wollten, waren die Äpfel total verschmutzt und ungenießbar", sagt Gerda Westedt.

Ein dünner, schwarzer Film hatte sich auf einen großen Teil der bunten Äpfel gelegt. Das Ehepaar war schockiert - hatte aber schnell einen Verdacht: "Seit Schließung der B 5 für Lkw in Lauenburg hat der Verkehr auf dem Richtweg sehr stark zugenommen und wir spüren die Auswirkungen deutlich", sagt Gerda Westedt. Sie ist sich sicher, dass sich Ruß und Feinstaub aus den Lkw-Motoren auf ihre Äpfel gelegt haben.

"Ich wohne seit 1978 in unserem Siedlerhaus, aber so etwas habe ich noch nie erlebt", sagt die Geesthachterin. Besonders betroffen sei das Grundstück direkt am oberen Ende des Richtwegs von den Ausdünstungen der Lastwagen, weil die Fahrer hier besonders stark aufs Gas treten müssen, um die schweren Brummis den steilen Berg herauf zu bugsieren. "Außerdem sind viele der Lastwagen marode und verfügen nicht gerade über moderne Motoren, dadurch steigt die Belastung", hat Jürgen Westedt beobachtet.

Der Geesthachter Baumpflege-Spezialist Jens Ringe kann sich einen Einfluss des zunehmenden Lkw-Verkehrs auf die Bäume durchaus vorstellen. "Wenn wir in Hamburg an dicht befahrenen Straßen Bäume beschneiden, ist die Rinde manchmal schwarz statt braun. Und auch die Blätter sind dunkler", sagt der Baumkletterer. Allerdings könnte auch ein sogenannter Rußpilz Schuld an der Verfärbung sein, diese treten besonders in feuchten Sommern auf. Ringe empfiehlt, den Baum genau begutachten zu lassen. Wird das Obst gut abgewaschen, sieht er aber keine Gesundheitsgefahr. "Gespritztes Obst aus dem Supermarkt ist oft mehr belastet", sagt Jens Ringe.

Mit Waschen allein ist es bei den Westedts aber nicht getan. "Wasser allein genügt nicht. Wir müssen die Äpfel einweichen und sie dann mit einer Gemüsebürste abschrubben", sagt Gerda Westedt. Doch der Geschmack auf das Obst aus eigener Ernte ist den Beiden vergangen.

Sie wollen sich jetzt dafür stark machen, dass die schweren Lkw endlich aus dem Stadtbild verschwinden. "Wir haben an alle Parteien die Bitte, den Bau der Umgehungsstraße nicht mehr zu blockieren, sondern auch an die Menschen zu denken, die sehr unter dem Verkehr zu leiden haben", sagt Gerda Westedt. So hatte zuletzt im Juli die Geesthachter Grünen-Politikerin Jutta Bellwinkel mit einem Brief an Verkehrsminister Jost de Jager (CDU) für eine neue Debatte über die Ortsumgehung gesorgt. Bellwinkel hatte ein sofortiges Planungsende für die Umgehungsstraße gefordert, die eigentlich 2017 fertig sein soll.

Jürgen und Gerda Westedt hoffen, dass es keine weiteren Verzögerungen gibt. Sie wollen auf der nächsten Sitzung des Umweltausschusses (15. November, 18 Uhr) auf ihre Situation aufmerksam machen - und dort Äpfel verteilen.