Geesthacht. Die 20-jährige Laura (Name geändert) hat gerade ihre Ausbildung begonnen und wohnt noch bei ihren Eltern. Ihre Schwangerschaft war ein Unfall, ein Versehen. Zwar ist sie schon zwei Jahre mit ihrem Freund zusammen, aber ein Kind?

Wie soll das jetzt gehen, auch finanziell? "Ich will einem Kind doch etwas bieten können", sagt sie zu Sozialpädagogin Maika Böhm in der Schwangerschaftskonfliktberatung bei Pro familia in Geesthacht und entscheidet sich zu einer Abtreibung.

Das ist ihr gutes und einst schwer erkämpftes Recht. Traurig nur, dass finanzielle Sorgen immer öfter als Grund für einen Schwangerschaftsabbruch genannt werden, wie Böhm bestätigt. "Ich schaue mir mit den Paaren oder Frauen dann an, ob es eine Möglichkeit gibt, die begrenzten sozialen Hilfen zu nutzen", sagt die Leiterin von Pro familia Geesthacht.

Einschnitte, wie etwa die Tatsache, dass das Elterngeld künftig komplett auf das Arbeitslosengeld II angerechnet wird, findet sie vor diesem Hintergrund dramatisch. "Viele Familien liegen mit ihrem Einkommen auch ganz knapp über den Sätzen, wo es Hilfe gibt", weiß Böhm. Dann sei die Situation besonders schwierig. Für viele sei es eine enorme Belastung, wenn die Vorstellung davon, was man einem Kind bieten möchte, mit dem niedrigen Einkommen kollidiert.

Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland war seit Jahren rückläufig. Haben sich im Jahr 2008 114 484 Frauen zu einer Abtreibung entschieden, waren es im Jahr 2009 etwa 4000 weniger. Doch im ersten Quartal 2010 gab es überraschend einen Anstieg an Abtreibungen. Für diesem Zeitraum wurden vom Statistischen Bundesamt (Destatis) rund 29 800 Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland gemeldet, rund 400 mehr (plus 1,3 Prozent) als im ersten Quartal 2009. Zudem ist Folgendes zu bedenken: Auch wenn die absolute Zahl an Abtreibungen gesunken ist, steigt die Zahl an Schwangerschaftsabbrüchen im Verhältnis zu Lebendgeburten - denn es werden immer weniger Kinder geboren.

Auch die Beratungsstelle von Pro familia in Geesthacht verzeichnet einen Anstieg der Schwangerschaftskonfliktberatungen - also jener Gespräche, die vor einer Abtreibung laut Gesetz (§ 219 StGB) geführt werden müssen. 67 Stück gab es in 2009, im Jahr davor 56. "Dass die die Beratungszahlen bei uns leicht steigen, liegt aber vor allem daran, dass wir die einzige Stelle am Ort sind, die die gesetzlich vorgeschriebenen Beratungen vor einer Abtreibung durchführen darf", erläutert Maika Böhm. Der Allgemeine Soziale Dienst (ASD) hatte die Beratungen bis 2009 auch angeboten. Neben finanzieller Not werden Böhm auch Probleme in der Partnerschaft oder die berufliche Zukunft als Abtreibungsgrund genannt. Seite 19