Betr.: “Kompetenzen klar überschritten“, Geesthacht-Seite vom 6. 6. 2009

Welche Qualifikation berechtigt eigentlich zu einem solchen Urteil? Offensichtlich benötigt man gar keine, Vorurteile reichen aus. Kaum eine Untersuchung wurde von AKW- Gegnern so lebhaft begrüßt, wie die im Jahr 2007 vorgestellte Studie des Deutschen Kinderkrebsregisters an der Universität Mainz. Die mit Hilfe theoretischer Modelle und mathematisch-statistischer Methoden gewonnenen Ergebnisse ließen erkennen, dass die räumliche Nähe eines Wohnortes zu einem Kenkraftwerk das Risiko, an Leukämie zu erkranken für Kinder unter fünf Jahren erhöht. Ein besseres Argument zum Ausstieg aus der Kernenergie schien es nicht mehr zu geben. Die Ursache für Leukämie im Kindesalter schien identifiziert.

Diese Schlussfolgerung steht jedoch im Gegensatz zu der Tatsache, dass alle untersuchten Kinder - gesunde wie erkrankte - als Folge der natürlichen Umgebungsstrahlung in einem radioaktiven Umfeld aufwachsen, das den Beitrag von Kernkraftwerken tausend- bis zehntausendfach übersteigt. Radioaktive Strahlung, die auf Kernkraftwerke zurückzuführen ist, kann daher die Krebserkrankungen nicht erklären, weil schon die Schwankungen der natürlichen Strahlung höher sind. Das wird auch von den Experten im durchaus atomkritischen Umweltministerium so gesehen. Das Rätsel der Leukämieentstehung ist also nach wie vor ungelöst. Das ist leider auch weltweit immer noch der Stand der Forschung. Dennoch tun sich immer wieder einige Mitbürger hervor, die seit langem genau wissen, dass nur eine Ursache infrage kommt, so dass es auch nur eine Lösung gibt. Damit erwecken sie den Eindruck, dass ihnen die Abschaltung des Kraftwerks weitaus wichtiger ist als die Klärung der Leukämiefrage.

Es darf erlaubt sein, auf die ethische Fragwürdigkeit einer solchen Auffassung hinzuweisen. Wo stände die Leukämieforschung vielleicht heute schon, wenn die Millionen an Steuergeldern, die für Dachbodenstaub-Untersuchungen, Kügelchen-Hysterie, Unfall-Hypothesen usw. ausgegeben wurden, an richtiger Stelle eingesetzt worden wären?

Prof. Dr. Hans G. Priesmeyer

21502 Geesthacht