Geesthacht. Dass Uli Rudloff in einem alten Zirkus- und nicht in einem Bauwagen lebt, darauf legt er wert. “Ein Bauwagen ist viel kleiner, wackeliger und nur halb so luxuriös wie meiner“, sagt der 52-Jährige.

Der Mann muss es wissen, wohnt er doch schon die Hälfte seines Lebens in "einem Eigenheim auf vier Rädern", wie er sagt. Seit 23 Jahren gehören Uli und sein Zirkuswagen, der unterhalb von St. Salvatoris steht, zum Geesthachter Stadtbild.

Uli Rudloff war 26, als er den Wagen entdeckte. Da war er gerade in Süddeutschland und auf der Suche nach einer Wohnung. Aus Mangel an Angeboten und weil er gern unabhängig ist, entschied er sich für den Wagen aus den 1940er-Jahren. 450 D-Mark legte er für Schrott auf den Tisch: "Die Scheiben waren zertrümmert, Holzdach und Außenwände zerstört", erinnert er sich. Doch davon ließ sich der Orgelbauer nicht abhalten. "Ich habe die Seele hinter der maroden Fassade gesehen." Er meint damit die vielen liebenswerten Details wie die Oberlichter, den Dielenboden, die Vitrinenschränke im Wohnzimmer, die Besenkammer in der Küche, die Schiebetüren, das Kurbelfenster an der Eingangstür, das an Fahrten in alten Eisenbahnwaggons erinnert.

18 Quadratmeter - größer ist sein Zuhause nicht. Für Uli Rudloff mehr als genug: "Zu eng wird es mir eigentlich nie, und wenn doch, dann mache ich die Tür auf." Im Wohnzimmer bleibt sogar noch Platz für ein Harmonium und einen Ofen, im Schlafzimmer steht ein Doppelbett, ist die Wäscheleine aufgespannt, und von der Decke hängt ein kleiner Fernseher. "Bei der Einweihungsfeier waren wir 17 Leute im Wagen. Alle außer mir hatten einen Sitzplatz." Fehlen nur eine Toilette und ein Bad. Beides hat der Orgelbauer in seiner Werkstatt wenige Meter gegenüber.

Früher, als Uli Rudloff noch als Straßenmusiker sein Geld verdiente, ist er mit seinem Zirkuswagen viel umhergereist - von Flensburg bis nach Würzburg, einmal sogar bis vor die Tore Venedigs. Den sieben Tonnen schweren Wagen zog sein blauer Hanomag-Traktor von 1957 über den Brenner. Mittlerweile, gesteht er, ist er bequem und sesshaft geworden. "Früher, wenn ich als Orgelbauer in anderen Orten arbeitete, habe ich meinen Wagen mitgenommen, heute schlafe ich in einem Hotel."

Das letzte Mal, dass Uli Rudloff mit seinem rollenden Heim eine Tour gemacht hat, war zu einer Hochzeit vor sieben Jahren. Da sind seine Frau Gabriele, eine Lehrerin, und er nach Johannistal an die Ostsee gefahren. Hier hat sich das Ehepaar auch einen Altersruhesitz zugelegt - ein Bauernhaus von 1868. Den Wagen irgendwann zu verkaufen, das kommt für Uli Rudloff nicht in Frage: "Ein Leben ohne ihn, das kann ich mir nicht vorstellen.".