Geesthacht. Da Nachhaltigkeit immer wichtiger wird, produzieren Feuerwerkhersteller auch Öko-Raketen. Geesthachter Naturschützer ist skeptisch.

„Es gehört zu Silvester einfach dazu“, meinen die einen, für andere gehört es schlicht verboten. Gemeint ist das Zünden von Silvesterfeuerwerk. Immerhin ist die Debatte um Umweltbelastung und Tierwohl nicht an allen Herstellern von Raketen und Böllern völlig vorbeigegangen. So versucht etwa Nico Europe, umweltschädliche Elemente in den Produkten zu minimieren. „Als wir damit angefangen haben in den 1990er Jahren, ist das krachend gescheitert“, berichtet Sprecher Nicolas Kandler. Jetzt aber sei ein Bewusstsein in der breiten Bevölkerung angekommen, sagt er.

Daher versuche das Unternehmen, das bis ins Jahr 2000 auch eine Niederlassung in Trittau (Kreis Stormarn) betrieb, mehr für die Nachhaltigkeit seiner Produkte zu tun. Dabei, so betont es Kandler, verzichte man größtenteils auf Plastik. „Bei der Abdeckung für die Zündschnur und den Standfuß nutzen wir in unserer Green Line deswegen recycelte Pappe“, sagt Kandler.

Öko-Feuerwerk: Sinnvolle Alternative oder Augenwischerei?

Bis spätestens 2025 wolle das Unternehmen bei allen Produkten auf Plastik verzichten. Zudem setze Nico Europe in der Logistik und Produktion auf nachhaltigere Lösungen wie LED-Lampen und Elektrofahrzeuge. Wermutstropfen ist für Kandler, dass die Produkte im fernen China hergestellt werden. „Die Logistik ist der größte CO2-Faktor für uns“, sagt er. Aufgrund der strengen Regularien sei es kompliziert, Feuerwerk in Deutschland herzustellen. Auch auf den Transport durch Logistiker habe das Unternehmen nur bedingt Einfluss.

Nico vertreibt seine Waren unter anderem bei Fachhändlern in der Region, aber auch bei Aldi Nord und der Metro. Erkennbar sind die Produkte an den Verpackungen, die komplett grün gehalten sind. Fans von buntem Feuerwerk kann Kandler beruhigen. „Die Artikel leuchten auch in anderen Farben.“ Neben Nico vertreiben auch andere Hersteller wie Weco oder Flyfire sogenannte nachhaltige Feuerwerksartikel.

Auf große Kritik von Tierfreunden und Umweltschützern stößt alljährlich der Lärm, der durch Feuerwerk und Böller entsteht. Nicolas Kandler sagt, dass das Unternehmen seit Jahren in der Green Line auf lärmreduziertes Feuerwerk setzt. Aber: „Es braucht eine kleine Explosion, um das Objekt in die Luft zu befördern“, so Kandler. „Auf weitere Klangeffekte verzichten wir jedoch“, sagt er.

Raketen besonders für Vögel schädlich

Er könne durchaus verstehen, dass Kinder Spaß an der Knallerei haben, sagt der Geesthachter Umweltschützer Dr. Friedhelm Ringe. „Auch meine Enkel machen das.“ Doch aus Umwelt- und Naturschutzgründen verzichte er selbst seit vielen Jahren auf Feuerwerk. Daran werden auch nachhaltigere Produkte nichts mehr ändern. Besonders schädlich ist der – wenn auch abgeschwächte – Lärm für Wildtiere. „Ich denke da vor allem an Gänse aus Skandinavien und der Taiga“, so Ringe. Von denen gäbe es in der Region 2000 bis 3000 Tiere. „Das Ballern ist für die Tiere eine erhebliche Einschränkung“, sagt der Biologe.

„Bei Vögeln löst der heftige Lärm den Fluchtreflex aus. Sie fliehen in große Höhen, landen für lange Zeit nicht und kehren nur zögerlich zu ihren Rast- und Schlafplätzen zurück“, sagt Marco Sommerfeld, Vogelschutzexperte beim Nabu Hamburg. Dies könne dazu führen, dass die Tiere Energie verlieren und deshalb sogar in Lebensgefahr geraten.

Auch noch interessant

„Am Ende halte ich das deswegen alles für Augenwischerei“, sagt Friedhelm Ringe. Für ihn bleibe nur der Appell an seine Mitmenschen, auf das Feuerwerk zu verzichten. Dass die Tierwelt zum Beispiel durch Verbotszonen geschützt werden könne, hält er für unrealistisch, da das auch kontrolliert werden müsse. „Letztlich ist es so, dass Lärm und Feinstaub für Tiere und natürlich auch für Menschen die Lebensqualität verringern“, sagt er.

Polizeigewerkschaft fordert Böllerverbot

Neben Umweltschützern fordern auch Vertreter von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten ein Verkaufsverbot für Böller und Raketen. Sie verweisen auf immer schlimmere Ausschreitungen in der Silvesternacht mit Angriffen auf die Beamten und ehrenamtlichen Retter.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat als Reaktion auf die Ausschreitungen der Silvesternacht 2022/23 ein generelles Böllerverbot für Privatpersonen gefordert. Schon bis Mitte November hatten mehr als 50.000 Menschen die Forderung unterzeichnet. Auch der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, forderte, dass es kein ungeregeltes Ballern geben dürfe. Er hob hervor, dass besonders Menschen, die vor Krieg geflohen sind, retraumatisiert werden könnten.

Generell gilt in Schleswig-Holstein, dass von 0 Uhr am Silvestertag bis 24 Uhr an Neujahr Feuerwerk gezündet werden darf. Ein Verbot gilt an Orten wie Kirchen, Kinder- und Altenheimen sowie Krankenhäusern. Auch rund um besonders brandanfällige Gebäude wie Reetdachhäuser, von denen es mehrere im Geesthachter Zentrum gibt, sowie Tankstellen ist das Abbrennen nicht erlaubt.