Schwarzenbek. Der Druck auf Mütter nimmt zu. Oft sind sie alleinerziehend oder müssen früh wieder arbeiten. Familienpaten geben ihnen Zeit für sich.

Rund 120 Familien haben in den vergangenen zehn Jahren das Angebot der ehrenamtlichen Familienpaten in Anspruch genommen, um sich eine kleine Atempause zu verschaffen. „Oft geht es nicht mehr nur um eine Pause, sondern auch um Verpflichtungen, die nicht mehr aus eigener Kraft wahrgenommen werden können. So haben wir beispielsweise Familien, in denen einmal pro Woche nachmittags ein Kind von der Kita abgeholt werden muss, weil die Mutter berufstätig ist“, berichtet Kerstin Dlugi, Leiterin der evangelischen Familienbildungsstätte Schwarzenbek, bei der die Familienpaten für den Südkreis angesiedelt sind.

Rund 30 aktive Familienpaten gibt es aktuell in den beiden Familienbildungsstätten in Schwarzenbek und Ratzeburg. Das deckt aber nicht den Bedarf. „Es gibt zahlreiche Familien, die Unterstützung benötigen, die wir aber nicht bedienen können“, sagt Kerstin Dlugi. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Denn das Verhältnis zwischen Pate und Familie muss stimmen.

Familienpaten: Wenn Familien in Schwarzenbek eine Atempause brauchen

„Das geht schon damit los, ob ein Pate gerne nur ein Kind betreuen möchte oder in einen größeren Haushalt gehen will. Aber auch die Frage, ob ein Hund im Haus ist, spielt eine Rolle. Ein weiteres Thema sind die Entfernungen. Wir haben immer öfter auch Anfragen aus Dörfern. Dann ist es schwieriger, einen Paten zu finden, der in der Nähe wohnt“, nennt Kerstin Dlugi Beispiele, warum es mitunter trotz einer ausreichenden Zahl an Paten trotzdem nicht passt.

Mitunter brauchen aber auch die Paten eine Pause, weil viele bereits im Rentenalter sind und beispielsweise im sonnigen Süden überwintern oder mit den eigenen Enkelkindern beschäftigt sind. „Wir erleben es öfter, dass Familienpaten einige Monate wegbleiben und sich dann wieder melden“, sagt Kerstin Dlugi.

2013 kam das Konzept der Familienpaten auch in den Kreis Herzogtum

Dennoch ist das Modell ein Erfolg, das jetzt im Kirchenzentrum St. Elisabeth in Schwarzenbek seinen zehnten Geburtstag feierte. Seit der ersten Stunde ist Heike Helwig mit dabei, die beim Kinderschutzbund Stormarn das Konzept für die Familienpaten bereits im Jahr 2007 entwickelt hat.

2013 wurden die Erfahrungen mit den ersten Paten gebündelt, es gab ein Qualitätssiegel. Damit kam das Konzept der Familienpaten auch in den Kreis Herzogtum Lauenburg und wurde von den Familienbildungsstätten in Ratzeburg und Schwarzenbek übernommen.

Koordinatorin Julia Beckmann (M.) interviewt die Familienpaten Monika Stein (l.) und Martina Wolter.
Koordinatorin Julia Beckmann (M.) interviewt die Familienpaten Monika Stein (l.) und Martina Wolter. © Stefan Huhndorf | Stefan Huhndorf

„Es war anfangs ein Abenteuer, einen Menschen in eine ihm fremde Familie zu schicken. Aber die Erfahrung hat gezeigt, dass es funktioniert“, erinnert sich die Stormarnerin. Petra Woelky, die heute beim Kreis Herzogtum Lauenburg arbeitet, hatte damals bereits Welcome-Paten koordiniert. „Das war ein erfolgreiches Modell, aber es war ein Problem, dass die Betreuung mit dem ersten Geburtstag eines Kindes endet. Die Familienpaten bildeten den perfekten Anschluss“, berichtete sie.

So kommt es auch, dass mitunter Ehrenamtliche in beiden Projekten tätig sind, um Familien über die ersten drei Lebensjahre eines Kindes ein- bis zweimal wöchentlich zu unterstützen.

Eigene Werte mit denen einer fremden Familie in Einklang zu bringen

„Der Einfluss der Paten ist groß. Sie sind ein wichtiger Baustein, um Familien vor Ort zu stärken“, betonte Helwig. Allerdings ist es oft ein schwieriger Spagat, die Balance zwischen den eigenen Werten und denen der Familie zu finden. „Was ist zum Beispiel, wenn ein Familienpate kommt und der Fernseher laut läuft. Oder ein Kind das Bonbonpapier einfach auf den Boden wirft und die Mutter reagiert nicht?“, zeigt Heike Helwig die Problematik auf.

Situationen wie diese werden in den Schulungen der Paten besprochen. „Die Entscheidung, wie mit solchen und anderen Situationen umgegangen werden kann, ist schwierig und fällt von Fall zu Fall unterschiedlich aus. Wenn es gar nicht funktioniert, passen Pate und Familie eben nicht zusammen“, erläutert Helwig.

Die richtige Familie zu finden, ist mitunter nicht so einfach

So war es auch bei Martina Wolter aus Schwarzenbek, die seit Kurzem Familienpatin ist, weil die eigenen Kinder aus dem Haus sind, sie aber Spaß am Umgang mit Kindern hat. „Ich habe mir drei Familien angesehen. In zwei Fällen lief es nicht so gut. Jetzt betreue ich eine Familie, bei der es mir Spaß macht“, sagt sie.

Ihre optimale Familie hat auch Monika Stein gefunden. Sie betreut zwei kleine Kinder in Schwarzenbek, wenn deren Mutter Zeit für sich braucht. „Die beiden springen mich vor Freude förmlich an, wenn ich komme. Sie wissen, dass es dann gleich raus auf den Spielplatz geht“, berichtet die Schwarzenbekerin.

Bedarf an einer Auszeit steigt auch bei alleinerziehenden Müttern

Dass der Bedarf an einer Auszeit oder aber auch einer Unterstützung bei alltäglichen Aufgaben steigt, hängt unter anderem damit zusammen, dass es mehr alleinerziehende Mütter gibt, die nach dem aktuellen Scheidungsrecht auch arbeiten müssen. Aber auch die Elterngeldregelungen sehen vor, dass beide Elternteile einem Beruf nachgehen.

„Deshalb gibt es den Spagat, eine gute Ehefrau und eine gute Mutter zu sein und nach einem Jahr zu Hause wieder arbeiten gehen zu müssen. Da bleibt vielen Müttern kaum Zeit für sich selbst“, betonte Julia Beckmann, Koordinatorin der Familienpatin in Ratzeburg und wie ihre Schwarzenbeker Kollegin Nadine Kukat Mutter von zwei kleinen Kindern.

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Wer Interesse hat, Familienpate zu werden, kann an der nächsten Schulung teilnehmen. Die beginnt am 27. Januar 2024. Weitere Infos dazu gibt es bei Koordinatorin Nadine Kukat unter Telefon 04151/89 24 20. Die Teilnahme an der 40-stündigen Schulung ist kostenlos. Wer einen Familienpaten sucht, kann sich ebenfalls an Nadine Kukat wenden.