Mustin / Büchen. Initiative „Das Herzogtum bleibt nazifrei“ beobachtet, wo die Rechtsextremisten Fuß fassen wollen. Aufklärung von Kindern ist wichtig.

Das Bündnis „Das Herzogtum bleibt nazifrei“ bietet eine Info-Reihe im Kreisgebiet. Nach Geesthacht und bevor in Büchen und Ratzeburg informiert und diskutiert wird, ist heute Mustin im Amt Lauenburgische Seen an der Reihe. Nahe der ehemaligen innerdeutschen Grenze geht es von 19 Uhr an um ein Thema, das weit weniger Beachtung findet als etwa die Reichsbürger, das viele Westdeutsche eher als Problem in den neuen Bundesländern vermuten. Doch „völkische Siedler“ und ihr Umfeld machen sich auch in Teilen Westdeutschlands immer stärker bemerkbar.

Als Referent eingeladen ist Martin Raabe, Experte für völkische Siedler und Sprecher der Gruppe „beherzt“ aus Niedersachsen. Die Initiative gehört zum Bündnis für Demokratie und Toleranz und informiert über Bestrebungen Rechtsextremer und Rechtsextremisten, in der Region Fuß zu fassen. Dass er am 27. September in Mustin auftritt, ist kein Zufall, sagt Raabe. „Wir sprechen vor Ort zu den Themen, zu denen wir jeweils eingeladen werden.“

Herzogtum Lauenburg: Völkische Siedler machen sich auch im Westen breit

Die Annahme, dass Rechtsextremisten und völkische Siedler vor allem in neuen Bundesländern wie Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen aktiv sind, greife zu kurz, so der Referent. Völkische Siedler seien vermehrt auch in Nord-Ost-Niedersachsen präsent. „In Schleswig-Holsteins sind zudem etwa die Ludendorffer in einigen Regionen aktiv, in Niedersachsen treten sie alljährlich in Dorfmark auf.“

Rechtsextrem und antisemitisch: Bund für Gotterkenntnis

Der „Bund für deutsche Gotterkenntnis“ wurde von General Erich Friedrich Wilhelm Ludendorff und seiner Frau Mathilde begründet. Verfassungsschutzbehörden stufen den eingetragenen Verein als rechtsextrem und antisemitisch ein. Im Ersten Weltkrieg einer der ranghöchsten deutschen Militärs und Stellvertreter von Paul von Hindenburg, gilt Erich Ludendorff als geistiger Vater der Dolchstoßlegende, nachdem die deutschen Truppen im Feld unbesiegt geblieben seien, doch durch den Dolchstoß aus der Heimat zur Aufgabe gezwungen wurden. Er war an rechtsextremistischen Umsturzversuchen gegen die junge Weimarer Demokratie beteiligt, 1920 am Kapp-Putsch wie auch 1923 an Hitlers Putschversuch in München (Marsch auf die Feldherrnhalle).

„Das Herzogtum bleibt nazifrei“: Das Logo der gleichnamigen Initiative spielt mit dem Wappen des Kreises Herzogtum Lauenburg.
„Das Herzogtum bleibt nazifrei“: Das Logo der gleichnamigen Initiative spielt mit dem Wappen des Kreises Herzogtum Lauenburg. © BGZ | Herzogtum bleibt nazifrei

Um ein Vielfaches mehr Aktive weisen die völkischen Siedler auf. Anders als die Ludendorffer, die mit einer wirren Vorstellung einer germanischen Religion von sich Reden machen, werden sie mancherorts als deutschtümelnde Siedler-Gemeinschaft wahrgenommen, die durch Ablehnung mancher moderner Technik und Kindersegen auffallen.

Zwischen Wehrertüchtigung und reiner Rasse

Wer genauer hinblickt, kommt rasch zu anderen Erkenntnissen. Der Rassegedanke mit dem Wunsch, viele deutsche Kinder in die Welt zu setzen, um die Rasse rein zu erhalten, ist ein Aspekt. Wehrertüchtigung, teils auch für den Nachwuchs, Versuche, politisch Einfluss zu nehmen und Gegner einzuschüchtern oder aus den Orten zu drängen, sind weitere. Wo dies nicht gelingt, schotten sich völkische Siedler häufig ab.

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„Rechtsextremismus ist heute mehr als Personen mit Glatzen, in Springerstiefeln und Bomberjacken“, sagt ein Vertreter der Initiative „Das Herzogtum bleibt nazifrei“. In Mustin etwa drohe sich eine Szene zu verfestigen rund um ein ortsansässiges NPD-Mitglied. „Der Mann ist Stützpunktleiter der Jungen Nationalisten und steht den völkischen Siedlern nahe.“

Zwei Dutzend völkische Siedlungen im Nachbarland

In Mecklenburg-Vorpommern, besonders im westlichen Landesteil Mecklenburg, bestehen rund zwei Dutzend „völkische Siedlungen“, eine knappe Handvoll davon im Lauenburgischen Nachbarkreis Ludwigslust-Parchim. Daniel Trepsdorf vom Zentrum für demokratische Kultur in Westmecklenburg hat bereits 2021 gewarnt: „Kinder und Jugendliche, die im Umfeld der völkischen Siedlungsbewegung radikalisiert werden, sind die Terroristen von morgen.“

Der Infoabend in Mustin beginnt am Mittwoch, 27. September, um 19 Uhr. Ort: Schweriner Straße 8. Weitere Abende für Ratzeburg und Büchen sind in Vorbereitung. Die Termine stehen bereits: Büchen, 27. Oktober, 19 Uhr (Amtsplatz 1), und in Ratzeburg, 7. November, ebenfalls um 19 Uhr (Saarlandstraße 2). he