Eine Auto ohne Klimatisierung? Für die meisten Kunden ist das keine Option. 83 Prozent der zugelassenen Autos haben eine Klimaanlage. Dabei ist die künstlich gekühlte Luft gar nicht unumstritten.

Mit der geschlossenen Karosserie wurde sie notwendig – die Klimaanlage. 1910 stellte Cadillac die erste Limousine vor, ein rundum geschlossenes Auto, das sich vom Erscheinungsbild der zeitgenössisch gängigen Autos, die eher motorisierten Kutschen glichen, prinzipiell unterschied.

Kein kühlender Fahrtwind wehte den Insassen des Caddy der Anfangsjahre mehr um die Ohren, etwa weil das Dach fehlte oder die Scheiben. Es dauerte aber noch bis 1938, bis man dem Phänomen eines sich aufheizenden Autoinnenraums eine technische Lösung entgegensetzte. In jenem Jahr boten die US-Marken Nash und Studebaker als weltweit erste Autohersteller eine Innenraumkühlung an.

Für die Kunden waren die anfänglichen Klimasysteme aber eine zweischneidige Angelegenheit. Sie waren teuer und sehr große Bauteile. Ihre weiterentwickelten Nachfolger etablierten sich in den USA und Japan erst in den Sechzigern.

Im kühleren Deutschland war die Klimaanlage zunächst kaum gefragt. Zwar konnten Autofahrer auch hierzulande ab 1957 beim Autokauf eine Klimaanlage ordern. Doch man hatte in unseren gemäßigten Breiten die Freiheit, die säuselnde Kühlung als „zu amerikanisch“ zu verpönen.

Ohne Klima lässt sich ein Auto kaum weiter verkaufen

Erst mit den 1990er Jahren begann auch hierzulande der Siegeszug der Klimaanlage, angetrieben von der Erkenntnis, dass ein angenehmes Raumklima das Fahren auch sicherer macht. In einem aufgeheizten Innenraum überhitzt auch der Fahrer.

Nach einer Stunde Fahrt bei 30 Grad Celsius steigt die Temperatur in Kopfhöhe ohne Klimaanlage auf 42 Grad – Konzentrationsschwächen können die Folge sein. Selbst im Winter leistet die Klimatisierung gute Dienste, dann entfeuchtet sie den Innenraum und verhindert beschlagene Scheiben.

Heute haben 83 Prozent aller in Deutschland zugelassenen Pkw die eingebaute Kühlung an Bord, bei Neuwagen liegt die Ausstattungsquote sogar bei 93 Prozent. Nur Radio und Servolenkung werden häufiger geordert. Autos ohne Kühlanlage lassen sich mittlerweile kaum noch weiter verkaufen.

Heute messen Systeme die Körperwärme

Seit Jahrzehnten unverändert ist im Prinzip die technische Funktionsweise einer Klimaanlage. Ein mit Kältemittel befüllter Wärmetauscher temperiert die von einem Ventilator angesaugte Luft auf das gewünschte Niveau. Allerdings haben die Hersteller neben Gewicht, Größe und Kosten zuletzt vor allem am Komfort gefeilt.

Die Klimaautomatik, bei der sich die Innenraumtemperatur automatisch dem vom Fahrer eingestellten Wert anpasst, ist mittlerweile selbst in Kleinwagen zu haben. In vielen größeren Modellen kann jeder Insasse seinen eigenen Klimabereich selbst einstellen.

Premium-Hersteller wie Lexus bauen sogar Infrarotsensoren ein, die die abgestrahlte Körperwärme der Insassen messen und zugfreie Kaltluftduschen aus dem Dachhimmel steuern. Mercedes hat für die S-Klasse eine Parfüm-Kollektion entwickelt, die über die Klimaanlage den Innenraum beduftet.

CO2 soll das Problem lösen

Bei Nissans Tochter Infiniti simuliert das Gebläse eine sanfte Waldbrise, indem der Luftstrom nicht kontinuierlich bläst, sondern per Zufallsgenerator gesteuert wird. Dass alle Anlagen gleichzeitig die Luft von Pollen und Schadstoffen reinigen, ist dabei selbstverständlich.

In den Fokus geraten ist die Klimaanlage zuletzt auch wegen eines Problems. Weil die EU das bisherige Kältemittel aus Klimaschutzgründen verbannt, setzen viele Hersteller seit einiger Zeit ein neues Mittel ein, das zuletzt aber in die Kritik geraten ist.

Der R1234yf genannte Stoff ist umstritten, weil er sich bei Unfällen entzünden und giftige Flusssäure freisetzen kann. Mehrere Autohersteller wollen als Alternative Klimaanlagen auf CO2-Basis auf den Markt bringen, Kohlendioxyd gilt als Kältemittel als vergleichsweise umweltfreundlich. Die ersten Systeme könnten schon 2017 zur Verfügung stehen.