Buxtehude. Viel zu wenige Menschen schützen sich am Meer vor UV-Strahlen. Eckhard Breitbart will das ändern – er ist selbst an Hautkrebs erkrankt.

  • Um Strandbesucher auf die Gefahren intensiver Sonnenstrahlung aufmerksam zu machen, haben Hautärzte in Buxtehude eine UV-Warnampel entwickelt.
  • 15 Badestrände an Nord- und Ostsee haben „Watch out at the Beach“ bereits installiert.
  • Das Warnsystem wurde zusammen mit der Deutschen Krebshilfe entwickelt.

Einen sonnigen Tag am Strand verbringen: Das ist der Traum und das Ziel vieler Urlauber, die derzeit die Sommerferien an der Nord- oder Ostsee verbringen. Ein Ziel, das jedoch Folgen haben kann – vor allem für die Haut, das größte Organ des Menschen.

UV-Strahlung am Strand: Mit jeder Stunde steigt das Hautkrebs-Risiko

Deshalb hat die Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention (ADP) mit Sitz in Buxtehude eine UV-Warnampel für den Strand entwickelt. Vorsitzender der ADP ist der Buxtehuder Dermatologe Professor Dr. Eckhard W. Breitbart – eine Koryphäe auf dem Gebiet der Hautkrebsprävention und -forschung.

Herr Professor Breitbart, wollen Sie uns mit der UV-Warnampel an den norddeutschen Stränden den Sommerurlaub vermiesen?

Professor Dr. Eckhard W. Breitbart: Selbstverständlich nicht. Ziel ist es, die Menschen am Strand für den richtigen UV-Schutz zu sensibilisieren und so langfristig das Hautkrebsrisiko zu senken. Nach wie vor wird die krebserregende Wirkung ultravioletter Sonnenstrahlen unterschätzt, denn diese sind weder für das Auge noch für andere Sinnesorgane wahrnehmbar. Dennoch zerstören sie in Sekundenschnelle die DNA, also das Erbgut von Hautzellen. Nicht unsere Kampagne, sondern das Brutzeln in der Sonne ist das, was den Urlaub verderben kann.

An 15 Stränden in Norddeutschland geben die Index-Tafeln aus Buxtehude aktuell Auskunft über die Intensität der UV-Strahlung.
An 15 Stränden in Norddeutschland geben die Index-Tafeln aus Buxtehude aktuell Auskunft über die Intensität der UV-Strahlung. © ADP | ADP

Man sollte meinen, die Wichtigkeit eines ausreichenden Sonnenschutzes sei weithin bekannt...

Es gibt nach wie vor dieses falsche Bild von der gesunden Bräune und gleichzeitig wenig Kenntnis darüber, wie lange – beziehungsweise wie kurz – man sich in der Sonne aufhalten kann, ohne Schaden zu nehmen. Also höchstens zehn Minuten. Denn fängt die Haut an zu brennen, zu jucken oder sich langsam zu röten, hat die UV-Strahlung bereits erheblichen Schaden angerichtet. Der Körper reagiert darauf mit einem ausgeklügelten Reparaturmechanismus, der allerdings bei zu viel Sonne nicht lange Stand hält. Langfristig steigt mit jedem Sonnenbad das Hautkrebsrisiko.

Jeder Mensch über 80 könnte irgendwann seinen Hautkrebs haben

Hautkrebs ist die in Deutschland am häufigsten gestellte Krebsdiagnose. Warum steigt trotz aller Aufklärung und Prävention die Zahl der Patienten mit Hautkrebs Jahr für Jahr an?

Wir sprechen von über 300.000 Neuerkrankungen pro Jahr. Dabei kommt die demografische Entwicklung ins Spiel. Die Menschen werden immer älter und erleben ihren Hautkrebs noch. Wir laufen auf eine Entwicklung zu, bei der jeder über 80 seinen Hautkrebs haben wird. Das bedeutet auch eine immense Belastung für unser Gesundheitssystem. Zudem könnte im Zuge des Klimawandels die UV-Strahlungsbelastung eines jeden zunehmen. Richtiges Verhalten in der Sonne wird daher immer bedeutender. Deshalb sage ich den Menschen: Sieh zu, dass du deinen Sommerurlaub später nicht bereust.

Wie soll das neue UV-Warnsystem dabei helfen, die Hautkrebsgefahr einzudämmen und die Menschen für die Risiken beim Sonnenbad zu sensibilisieren?

Damit wird der UV-Index direkt an den Strand gebracht. Die auffällig platzierten UV-Index-Tafeln sind nicht mehr zu übersehen. Mit der entsprechenden Smartphone-optimierten Homepage und weiterem Informationsmaterial werden Strandgäste angehalten, den UV-Index täglich abzurufen und sich selbst und ihre Liebsten richtig zu schützen.

Glauben Sie, dass diese Art der Prävention etwas bringt?

Das Pilotprojekt, das wir im vergangenen Jahr am Timmendorfer Strand durchgeführt haben, hat gezeigt: Fast die Hälfte der befragten Strandgäste kannte den UV-Index nicht. Durch die Kampagne nahmen sich 85 Prozent der Befragten vor, täglich den UV-Index zu prüfen und sich entsprechend der Empfehlungen zu schützen. Ich kann jedem nur raten, täglich morgens den UV-Index zu checken und sich entsprechend zu kleiden und einzucremen.

Professor Dr. Eckhard Breitbart ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention, die an den Stränden Norddeutschlands vor Hautkrebs warnt.
Professor Dr. Eckhard Breitbart ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention, die an den Stränden Norddeutschlands vor Hautkrebs warnt. © HA | Heike Roessing/Meyer-Thiedig

Eltern sind verunsichert, weil aktuell häufiger die These zu hören ist, dass kleine Kinder überhaupt nicht in die Sonne gehören. Gibt es dazu eine fachärztliche Empfehlungen?

Wer ein Baby im ersten Lebensjahr in die Sonne hält, begeht fahrlässige Körperverletzung. Mindestens bis zum 12. Lebensjahr ist die Haut der Kinder nicht so dick wie bei Erwachsenen und entsprechend empfindlich. Einfach ausgedrückt: Die Sonnenstrahlen treffen ganz schnell die Stammzellen und damit wird schon in jungen Jahren die Grundlage für Hautkrebs gelegt.

Hatten Sie selbst schon einmal einen Sonnenbrand?

Ich bin Jahrgang 1947. Damals wusste man noch nichts von DNA-Schäden durch die Sonne. Meine Vater war selbst Dermatologe – und trotzdem haben mich meine Eltern für den Vitamin-D-Aufbau nackt in die Sonne gejagt, weil sie es für gesund hielten. Inzwischen habe ich 16 Hautkrebse, obwohl ich mich als Erwachsener mit dem entsprechenden Bewusstsein für die Gefahren natürlich geschützt habe und auch kein sehr empfindlicher Hauttyp bin. Meine Frau, die ebenfalls Dermatologin ist, hat mir schon einiges weggeschnitten.

So sieht die Buxtehuder UV-Index-Tafel am Strand aus – so genannte „Beachflags“ sorgen zusätzlich für Aufmerksamkeit.
So sieht die Buxtehuder UV-Index-Tafel am Strand aus – so genannte „Beachflags“ sorgen zusätzlich für Aufmerksamkeit. © HA | ADP

Abendblatt: Wird Hautkrebs irgendwann seine Bedrohung verlieren?

Früher hatte die Diagnose Schwarzer Hautkrebs eine sehr schlechte Prognose, ein Melanom von einer bestimmten Größe glich einem Todesurteil. Seit 2013 stehen uns Medikamente zur Verfügung, die für ein Überleben Sorge tragen können – allerdings mit erheblichen Nebenwirkungen. Hoffnung kommt auch aus Buxtehude. Hier wird sehr lebhaft am wissenschaftlichen Fortschritt gearbeitet.

Großer Hautkrebskongress im kleinen Buxtehude – mit über 1000 Teilnehmern

Abendblatt: Die Hautklinik des Elbe-Klinikums Buxtehude richtet in diesem Jahr zum zweiten Mal den Deutschen Hautkrebskongress mit über 1000 Teilnehmern aus. Welchen Stellenwert nimmt das kleine Buxtehude mit Ihrer Praxis und der Dermatologie des Elbe Klinikums bei der Hautkrebstherapie und -forschung im bundesweiten Vergleich ein?

Wir haben hier ein Kompetenzzentrum geschaffen. Das Klinikum in Buxtehude verbindet im Hautkrebszentrum Diagnostik und Therapie mit Forschung und verfügt über ein relativ großes und international anerkanntes Labor für molekulare Zellbiologie. Dort wird Grundlagenforschung betrieben und Studien zu relevanten Themen am größten menschlichen Organ - unserer Haut - durchgeführt. Aus Buxtehude kommt eine Vielzahl klinischer Studien mit neuen Medikamenten oder Kombinationen. Das hiesige Elbe Klinikum gehört mit den Chefärzten Dr. Andreas Kleinheinz und Dr. Peter Mohr zu den bestrenommierten dermatologischen Kliniken im Land.

Zur Person: Professor Dr. Eckhard W. Breitbart ist der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention (ADP) e. V. mit Sitz in Buxtehude. Die Arbeitsgemeinschaft hat das Ziel, den Gedanken der dermatologischen Prävention auf breiter Basis sowohl medizinischen Laien als auch Ärzten und Wissenschaftlern nahezubringen.

Zu diesem Zwecke führt die ADP wissenschaftliche Projekte und Interventionen zur Hautkrebsprävention durch und möchte das Thema mitten in die Gesellschaft bringen. So hat sie unter anderem unter www.unserehaut.de zehn nützliche Tipps rund um das Thema Sonnenschutz im Alltag veröffentlicht.

Im Einsatz gegen den Hautkrebs – und eine bessere Arzt-Patienten-Kommunikation

Breitbarts persönliche Arbeitsschwerpunkte sind die primäre und sekundäre Prävention von Hautkrebs, die dermatologische Versorgungsforschung und Dermato-Onkologie. Er ist zudem spezialisiert auf die molekulare und zelluläre Wirkungen ultravioletter Strahlung und setzt sich außerdem für eine verbesserte Arzt-Patienten-Kommunikation ein.

Vor seiner Pensionierung war Professor Breitbart fast 20 Jahre lang Klinikdirektor des Dermatologischen Zentrums des Elbe Klinikums Buxtehude und davor Leitender Oberarzt an der Universitäts-Hautklinik Eppendorf.