Neu Wulmstorf. Stromversorgung für die Schule vom eigenen Dach? In der Gemeinde Neu Wulmstorf im Landkreis Harburg dürfte dieses innovative Vorhaben in die Ferne gerückt sein. Das meint zumindest Norbert Stein, Vorstandsvorsitzender der Bürger-Solarkraftwerke Rosengarten eG. Er befürchtet, dass die Realisierung einer Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) auf dem Dach des Neubaus für die Grundschule am Moor vor dem Start der neuen Schule nach den Sommerferien kaum mehr möglich ist, weil sie in letzter Minute durch die CDU/FDP-Minderheitsgruppe ausgebremst worden sei.
Auch sei absehbar, dass eine ins Jahr 2023 verzögerte Vergabe zu einer deutlichen Verteuerung führe, die nur durch eine Erhöhung des Preises für den abgenommenen Strom kompensiert werden könne, so der ehemalige Buchholzer Bürgermeister.
Schule, Sporthalle und Großküche sollten mit Solarenergie betrieben werden
Wie das Abendblatt berichtete, sollte die neue Grundschule am Moor in Neu Wulmstorf mit dem Start des neuen Schuljahrs nach den Sommerferien 2023 über eine Photovoltaikanlage auf dem Dach mit Strom versorgt werden.
Der Plan für die Grundschule sieht vor, dass die Genossenschaft Bürger-Solarkraftwerke Rosengarten auf eigene Kosten eine Photovoltaik-Anlage installiert und betreibt und damit die darunter befindliche Schule, die Sporthalle sowie die geplanten Großküche und den Veranstaltungsbereich mit günstiger, nachhaltiger Energie versorgt.
Nun sollen drei weitere Angebote möglicher Betreiber eingeholt werden
Während die Verwaltung und große Teile der Politik sowie die Mitglieder des Klima-Teams Neu Wulmstorf bisher davon ausgegangen waren, dass dies mit der Solargenossenschaft realisiert werden könnte und würde, beantragte die Gruppe CDU/FDP nun, mindestens drei weitere Angebote von möglichen Betreibern einer Photovoltaikanlage auf dem Dach der Grundschule am Moor einzuholen sowie ebenfalls mindesten drei vergleichbare Angebote zum Erwerb einer solchen Solar-Anlage. Diese Angebote sollen dann dem Rat zur gemeinsamen Beratung vorgelegt werden.
„Dem Rat wurde ein langfristiger Pachtvertrag über mindestens 20 Jahre zur Beratung vorgelegt“, so Malte Kanebley, Vorsitzender der Gruppe CDU/FDP im Gemeinderat Neu Wulmstorf. Die finanziellen Konditionen seien dabei nicht mitgeteilt worden. Bei der geplanten Laufzeit, den aktuellen Energiepreisen und dem bisher zumindest grob angenommenen Verbrauch, sei aus dem Pachtverhältnis durchaus ein siebenstelliges Volumen an Zahlungen der Gemeinde an den Pächter möglich, so Kanebley. „Wir meinen, dass dies ein Vorgang ist, mit dem sich die politischen Entscheidungsträger detaillierter befassen müssen, als die bisherige Informationslage dies zulässt.“
Mehr als 200 Arbeitsstunden seien ehrenamtlich geleistet worden
Norbert Stein bestreitet dagegen, dass es Prozesse „im stillen Kämmerlein“ gegeben habe: „Die Genossenschaft wie auch die Gemeinde Neu Wulmstorf waren und sind jederzeit an einem offenen Prozess interessiert. Bei Interesse konnte sich jeder Bürger über die Aktivitäten bei der Gemeindeverwaltung oder der Genossenschaft erkundigen. Auch das Neu Wulmstorfer Klimaforum war stets über die konkrete Entwicklung informiert und hätte Auskunft gegeben.“
Die Solargenossenschaft habe sich bereits frühzeitig in die Diskussion beratend eingebracht, sobald klar gewesen sei, dass auf die im Entstehen befindliche Grundschule am Moor in Neu Wulmstorf eine PV-Anlage installiert werden solle und der Neubau für den späteren Aufbau einer solchen Anlage vorbereitet würde. „Erfahrene Errichter von PV-Anlagen wissen, dass es unter vielerlei Gesichtspunkten sinnvoll ist, den Aufbau einer PV-Anlage wenn möglich in die Bauphase des Hochbaus zu integrieren, man denke nur an die notwendige Verkabelung inner- und außerhalb des Gebäudes“, so Stein.
Im Dezember habe der Vertrag zwischen Versorger und Gemeinde vorgelegen
Folglich sei die Gemeinde umgehend auf diesen Sachverhalt hingewiesen worden. Es kam zu einem ersten Gespräch mit der Gemeinde und dem örtlichen Bauleiter des Generalunternehmers für den Schulneubau.
Seither befasse sich die ehrenamtlich geführte Genossenschaft sehr eingehend mit dem Thema, wobei es auch um die technische Projektierung und den Aufbau der Anlage ging sowie um die Vergabe an ein geeignetes Unternehmen. „Vorplanung, Aufstellung und Entwicklung sowie die Verhandlung des Vertrages, die zahlreichen Abstimmungsgespräche technischen und organisatorischen Inhaltes mit der Bauherrin und dem Generalunternehmer sowie der administrative Aufwand ergeben in der Summe mehr als 200 Arbeitsstunden, die von den Vorstandsmitgliedern der Genossenschaft geleistet wurden – ehrenamtlich und ohne jegliche Vergütung“, so Stein.
Anfang Dezember lag dann der finale Entwurf des Vertrages zwischen der Solargenossenschaft und der Gemeinde vor. „Die Genossenschaft legte dabei einen seit acht Jahren bewährten Vertrag für eine Anlage vergleichbarer Größenordnung mit dem Landkreis Harburg zugrunde“, so Stein. „Neben zahlreichen anderen Anpassungen bot sie hier eine weiterentwickelte Vergütungsregelung an, die angesichts der zu erwartenden Steigerung der allgemeinen Strompreise die Gemeinde an dieser Entwicklung partizipieren ließ.“
Neu Wulmstorfer Bürger schlossen sich begeistert der Genossenschaft an
Es schlossen sich laut Stein intensive Vertragsverhandlungen an, in denen die Gemeinde in wesentlichen Punkten ihre Vorstellungen durchsetzen konnte. „Hierzu zählt unter anderem die Zusage der Genossenschaft, die Kosten für die – mittlerweile ausgeführten – vorbereitenden Maßnahmen im und am Gebäude in Höhe eines mittleren fünfstelligen Bereichs zu übernehmen.“
Zahlreiche Neu Wulmstorfer Bürgerinnen und Bürger hätten sich von dem Projekt begeistern lassen und seien in den vergangenen Wochen und Monaten Mitglied der Genossenschaft geworden. „Das Projekt würde einen richtigen Schritt gegen den Klimawandel darstellen, aber auch die Rolle der Gemeinde Neu Wulmstorf als Vorreiter für den Klimaschutz auf kommunaler Ebene unterstreichen“, so Norbert Stein. „Wir bedauern, dass es in letzter Minute vor dem Start durch die CDU/FDP-Minderheitsgruppe ausgebremst wurde.“
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