Neu Wulmstorf. Normalerweise dient ein Zaun zur Abgrenzung: Hier ist mein Gebiet, dort deines. Das muss aber nicht so sein, wie eine Gruppe von Schülern des Gymnasiums Neu Wulmstorf gerade beweisen möchte. Sie haben einen Zaun aufgestellt, der nicht trennt. Einen der verbindet und helfen soll. Mit ihrem „Gabenzaun“ wollen sie die Welt ein Stückchen besser machen. Und hoffen sehr, dass dies auch klappt.
Es ist kalt. Mit klammen Fingern fummelt Carolin Schütz ein Band um einen Beutel. Louis Kanebley nimmt die Tüte seiner Mitschülerin ab und bindet sie an einen dreiteiligen Bauzaun, der seit kurzem zwischen dem Gymnasium Neu Wulmstorf und dem Familienzentrum Courage steht.
„Die Welt ein Stückchen besser machen“ – das ist der Gedanke dahinter
Es ist ein sogenannter Gabenzaun, an dem ab sofort Sachspenden zum Mitnehmen hängen. Carolin und Louis gehören ebenso wie Raphaela Baier, Alexandra Lühr, Jule Härtel und Florian Schild zu einer sechsköpfigen Projektgruppe, die im Rahmen des Schulprojektes „Die Welt ein Stückchen besser machen“ in Klasse 13 die Idee zu dem Gabenzaun entwickelte und ihn mit der Gemeinde Neu Wulmstorf, die den Bauzaun zur Verfügung stellte, inzwischen auch realisieren konnte.
Am Dienstag haben die sechs jungen Leute nun die ersten Spenden an den Zaun gehängt. Dort warten jetzt vor allem Bekleidung und Hygieneartikeln auf Abnehmer. Die Spenden stammen aus einer ersten schulinternen Sammlung. „Die war ein großer Erfolg“, sagt Raphaela Baier. „Wir waren erstaunt, wie viele Sachspenden zusammengekommen sind und in welch gutem Zustand die meisten waren.“
Ein erster Teil der Gaben hängt von nun an am Zaun
Die Spenden wurden von den sechs Initiatoren des Projekts sortiert und eingelagert. Ein erster Teil – längst nicht alles – wurde nun an den Zaun gehängt. „Dafür haben wir uns entschieden, um zu gucken, wie gut der Gabenzaun überhaupt angenommen wird. Sollte er, was wir natürlich inständig hoffen, sehr gut ankommen, dann werden wir auf jeden Fall weitere Spenden an den Zaun hängen und die Annahme für alle, die gerne spenden wollen, öffnen“, sagt Carolin Schütz.
Die Schüler haben sich bewusst für dieses Projekt entschieden und ließen sich von dem Gabenzaun am Hamburger Hauptbahnhof inspirieren. Sie sehen auch in Neu Wulmstorf einen Bedarf: „Gerade in den jetzigen Zeiten mit Inflation und Krieg wird es bei vielen Menschen knapp, und einfache sowie lebensnotwendige Dinge, wie zum Beispiel warme Kleidung, Decken oder Hygieneartikel werden immer teurer. Die Finanzierung wird dann vor allem für solche Menschen schwierig, die ohnehin ein nicht so hohes Einkommen haben. Genau da wollen wir auch ansetzten“, sagt Carolin Schütz. „Wir wollen Bedürftigen helfen und natürlich auch jeder Person, die sich persönlich angesprochen fühlt.“
Passanten bleiben stehen, einige sind skeptisch
Das Angebot erregt Aufmerksamkeit. Passanten bleiben stehen, schauen genauer hin, was in den Beuteln steckt. Kleine Aufkleber geben Auskunft über Inhalt und gegebenenfalls Konfektionsgröße: warme Pullis, Duschbad, Taschentücher, ein Regenschirm. Ein Mann äußert sich skeptisch: „Meint ihr denn, dass die Verteilung auf diese Weise klappt?“ Es gibt auch Stimmen, die befürchten, dass der Gabenzaun zum „Schandfleck“ werden könnte, dass die Tüten einfach aufgerissen und der Inhalt wild verstreut wird.
„Wir gucken hier immer wieder vorbei und hoffen sehr, dass so etwas nicht passiert“, sagt Jule Härtel. Bedenken gibt es immer. Davon lassen sich die jungen Leute nicht ausbremsen. „Wir wollen es wenigstens versuchen“, sagt Alexandra Lühr.
Der Zaun soll langfristig bleiben, nicht nur zur Weihnachtszeit
Die Schüler und Schülerinnen hoffen sehr, dass sie mit ihrem Projekt viele Menschen erfreuen und in schwierigen Zeiten unterstützen können. Außerdem soll der Gabenzaun etwas Längerfristiges werden, wie Louis Kanebley erklärt: „Im Rahmen einer AG an der Schule soll der Neu Wulmstorfer Gabenzaun möglichst weitergeführt werden, wenn wir die Schule nach unserem Abi verlassen.“
Auch Neu Wulmstorfs Bürgermeister begrüßt das Projekt: „Ich freue mich über dieses beherzte Engagement und habe sehr gerne meine Unterstützung angeboten“, sagt Tobias Handtke. „Wir leben in einer Zeit, in der es diese Vorbilder und Mutmacher braucht, um Zusammenhalt wirklich zu leben.“
Der Gabenzaun ist auch auf Instagram zu finden: @gabenzaun.nw
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