Oldendorf/Luhe. Sie können sich nicht entscheiden, ob Sie lieber am Wasser oder im Wald spazieren gehen möchten? In der Heide oder entlang von Äckern? Dann haben wir den passenden Vorschlag: Denn dieser Wanderweg verfügt nicht nur über einen klangvollen Namen, sondern auch über eine ausgesprochen abwechslungsreiche Streckenführung. Und, fürs entspannte Gehen von großer Bedeutung: Der „Sagenhafte Hünen-Weg“ ist perfekt ausgeschildert.
Ole Dierßen ist es, der uns diesen wunderbaren Weg zeigt – und für das Treffen auch gleich die passende Uhrzeit vorschlägt: 4.30 Uhr, damit wir den Morgennebel vor dem Sonnenaufgang nicht verpassen. Dierßen weiß, wovon er spricht, so viel, wie er in seinem Leben bereits gewandert ist: „Am besten, man geht sehr, sehr früh los – oder aber spät.“
Experte lebt mit Familie auf einem Resthof bei Lüneburg
Studium in Freiburg/Breisgau, Sevilla und Greifswald, Masterarbeit auf den Philippinen, Reisen nach Nord-, Mittel- und Südamerika, Australien, Südostasien und Skandinavien, Arbeit auf der Schwäbischen Alb und auf Föhr: Dierßen, aufgewachsen im beschaulichen Erbstorf bei Lüneburg, ist viel herumgekommen auf der Welt, seit er seine Heimatstadt fürs Studium verließ.
Nun ist er zurück in seiner Heimat, lebt mit Lebensgefährtin und dem kleinen Sohn auf einem Resthof, den das Paar gerade saniert – in der Nähe von Lüneburg. Die kleine Familie war gerade während der gemeinsamen Elternzeit auf Sardinien, als Ole Dierßen eine Stellenanzeige aus Lüneburg zugespielt bekam. „Das Vorstellungsgespräch fand per Videokonferenz im Bulli statt“, berichtet er von dem eher ungewöhnlichen ersten „Treffen“. Aber es war erfolgreich. Seit 1. Februar dieses Jahres ist er nun Geschäftsführer der neu gegründeten Naturschutzstiftung Landkreis Lüneburg.
Was also liegt näher, als ihn nach einem Tipp für ein besonders faszinierendes Naturerlebnis zu fragen? „Ich mag diesen Weg, weil er so viele verschiedene Landschaftstypen vereint“, erklärt der 34-Jährige. „Er führt durch Heideflächen, durch Mischwald, an landwirtschaftlich genutzten Flächen und Streuobstalleen mit alten Sorten vorbei und sogar an zwei Wasserläufen, der Lopau und der Luhe. Er ist zu jeder Jahreszeit schön, und der Weg ist niemals überfüllt.“
Weg führt auch zur Oldendorfer Totenstatt
Insgesamt rund 13 Kilometer umfasst der Rundweg, für den man noch nicht einmal eine Karte braucht geschweige denn ständig aufs Handy gucken muss, wenn man ihm folgen will: Gelbe Pfeile auf grünem Grund weisen verlässlich die richtige Richtung.
Wer nicht so weit laufen möchte, kann ein paar Höhepunkte des Weges einzeln besuchen: zum Beispiel die Oldendorfer Totenstatt. Sie gehört zu den kulturhistorischen Spots, für die manch einer einen eigenen Ausflug unternimmt: die steinzeitlichen Großsteingräber bei Oldendorf/Luhe, genannt Oldendorfer Totenstatt. Rund 5.700 Jahre sind diese Gräber alt – besser gesagt: Wohnungen für die Ewigkeit. Denn wie ließe sich ansonsten der enorme Aufwand für den Bau der Grabanlagen erklären, wenn die Menschen damals nicht an ein Leben nach dem Tod glaubten?
Von der Heidefläche aus lässt sich ein wunderbarer Abstecher zur Lopau machen – auf dem Hünen-Weg ist dieser sogar als „Abstecher/Lehrpfad“ auf einem Holzschild ausgewiesen. „Ich würde immer diese Variante empfehlen, auch, wenn man den gesamten Weg geht“, sagt Ole Dierßen. „Dieses Stück am Ufer der Lopau ist einfach wunderschön.“ So schön, dass ihn jemand „Kuschelweg“ getauft hat: Jedenfalls hängt ein entsprechendes Schild an einem Baumstamm, direkt unter der offiziellen Bezeichnung „Bergpfad an der Lopau“.
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Zwischen Farnen und unter Buchen ist es hier wunderbar kühl, wenn es in der offenen Fläche zu warm wird. Immer wieder laden Bänke zur Rast mit Blick auf den kleinen Fluss ein.
Ein weiteres Teilstück des „Sagenhaften Hünen-Weges“ lässt sich ebenfalls gesondert besuchen: das Marxener Paradies. Das kleine Kerbtal mit Moorteich, Heide und Blühwiesen ist von einem Wanderparkplatz in wenigen Minuten zu Fuß zu erreichen, ein Minirundweg (nicht barrierefrei) von bummelig einem Kilometer Länge führt uns hindurch.
Am oberen Hang erklärt Ole Dierßen ein natürlich aussehendes, aber vom Menschen geschaffenes Phänomen: Die Rot- und Hainbuchen hier wachsen nicht in einem dicken, mächtigen Stamm und etlichen Ästen – sie wachsen mit vielen schmalen Stämmen. „Das hier war vor vielen Jahren ein sogenannter Niederwald“, erklärt der Naturschützer. „Sobald die Stämme eine gewisse Größe erreicht hatten, schlug man sie zur Gewinnung von Brennholz. Dadurch trieben die Bäume immer wieder neu aus. Das nennt man Stockausschlag.“
Wenn Ole Dierßen sich nach der morgendlichen Tour durch die Natur dann an seinen Schreibtisch setzt, wird er die erste richtig hohe Überweisung als Geschäftsführer machen: die Bezahlung der ersten von der Naturschutzstiftung erworbenen Fläche. „Das nämlich ist das Ziel der Stiftung: Flächen kaufen, tauschen oder pachten – und für den Naturschutz sichern.“ Je nach Standort werden sie renaturiert, aufgewertet, sich selbst überlassen oder auch extensiv bewirtschaftet. Dadurch werden unter anderem sogenannte Ökopunkte generiert: Diese wiederum vermarktet die Stiftung an Investoren und Träger von Bauvorhaben, die zu Ausgleichsmaßnahmen verpflichtet sind. Der Ertrag aus dem Verkauf der Ökopunkte fließt wiederum in Naturschutzzwecke.
„Der Flächendruck ist hoch“, weiß der Geschäftsführer. „Daher ist es mir besonders wichtig, unsere Arbeit mit anderen Akteuren im Naturschutzbereich abzustimmen und Kooperationen einzugehen, etwa mit Landwirten.“ Außerdem will die Stiftung sich im Bereich Umweltbildung engagieren: mit Bildungsprojekten von Schulen und Kindergärten auf den Flächen der Stiftung.
Anreise und Tipps:
- Wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreist, kann Oldendorf/Luhe mit dem Bus erreichen und dort in den „Sagenhaften Hünen-Weg“ einsteigen. Ansonsten gibt es Wanderparkplätze an der Oldendorfer Totenstatt, an der Kronsbergheide (Amelinghausen) sowie am Marxener Paradies.
- Der „Sagenhafte Hünen-Weg“ umfasst rund 13 Kilometer, die Gehzeit beträgt etwa drei bis vier Stunden. Es gibt zahlreiche Bänke, Picknickplätze und Schutzhütten. Immer wieder zeigen Stelltafeln eine Landkarte mit dem eingezeichneten Weg.
- Für Kinder und natürlich auch Erwachsene gibt es an verschiedenen Stellen kleine Holzboxen, in denen Stempel liegen. Wer den gesamten Weg in dem dazugehörigen Stempel-Pass dokumentieren kann, erhält das Heidediplom in Bronze. Wer zwei weitere Wanderwege in der Gegend abläuft (den „Königinnen-Weg“ und den „Heide-Panorama-Weg“), bekommt Gold. Das entsprechende Heftchen und Infos gibt es in der Tourist-Information Amelinghausen unter www.urlaubsregion-amelinghausen.de
- Wer sich für die sagenhaften Hünengräber interessiert, erfährt mehr über die Steinzeit im Archäologischen Museum Oldendorf/Luhe. Es ist sonnabends und sonntags jeweils von 13 bis 16 Uhr für Besucher geöffnet.
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