Hamburg Wasser

Warum es jetzt Radarfallen fürs begehrte Heidewasser braucht

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Andre Lenthe
Das Wasserwerk Nordheide aus der Luft. Von hier wird Heidewasser nach Hamburg gepumpt

Das Wasserwerk Nordheide aus der Luft. Von hier wird Heidewasser nach Hamburg gepumpt

Foto: Hamburg Wasser / HA

Versorger Hamburg Wasser erneuert seine Messtechnik – um Auswirkungen der Förderung schnell erkennen zu können.

Harburg.  Es sind kleine, fast unscheinbare graue Kästen mit einer abgeschrägten Ecke und vollgepackt mit modernster Radar-Technologie. Diese Kästen hängen an zahlreichen Stegen über dem Wasser von Este, Seeve und weiteren fließenden Gewässern. Doch sollen die Radarfallen über den kleineren Bächen und Flüssen in der Nordheide keine zu schnellen Kanuten überführen, sondern für Hamburg Wasser den Zustand der Bäche und Flüsse überwachen und die Abflussmenge ermitteln.

Dafür hat das Unternehmen ein Modernisierungsprogramm über knapp 900.000 Euro abgeschlossen und die seit den 1970er Jahren in Betrieb befindlichen Pegelrohre ersetzt. Dazu wurden mehrere Bauwerke ertüchtigt.

Beweissicherung über die Höhe des Wasserspiegels

Seit 1982 fördert Hamburg Wasser in der Nordheide und führt mittels einer sogenannten Beweissicherung regelmäßig Aufzeichnungen über die Höhe des Wasserspiegels durch. Die neuen Geräte können deutlich mehr, denn sie gewährleisten eine kontinuierliche Messung der Kennwerte Wasserstandshöhe, Fließgeschwindigkeit, Durchfluss sowie Temperatur. Insgesamt habe man an zehn Standorten solcher Abflussmessstellen installiert, der Landkreis Harburg hatte sieben gefordert. Damit, so das Unternehmen, übererfülle das Hamburger Wasserwirtschaftsunternehmen die 2019 erteilte gehobene Erlaubnis der Überwachungsbehörde des Landkreises Harburg. Diese hatte ein entsprechendes Monitoring nach einem teilweise juristisch geführten Streit um die Fördermenge von Grundwasser angeordnet (das Abendblatt berichtete).

Die neuen Messeinrichtungen enthalten zwei berührungslose Sensoren, welche die Messdaten zu Wasserstandshöhe und Fließgeschwindigkeit erheben. Die Sensoren funktionieren ähnlich wie eine Radarfalle im Straßenverkehr und sind so genau, dass selbst Abflussminderungen im niedrigen einstelligen Prozentbereich sicher erkannt werden. Ein Solarpaneel sorgt für Strom, mit dem über ein Modem die Messdaten aus der Ferne ausgelesen, kalibriert und gesteuert werden können.

Neue Geräten kommen ganz ohne störanfällige Mechanik aus

Grundwasser wird über den natürlichen Wasserkreislauf und Niederschlag stetig neu gebildet, nach Berechnungen von Hamburg Wasser rund 386 Millionen Kubikmeter sind es jährlich. Im Einzugsgebiet des von Hamburg Wasser betriebenen Wasserwerks in der Nordheide fließt ein Großteil des Grundwassers unterirdisch Bächen und Flüssen zu, rund 278 Millionen Kubikmeter.

„Wir bezeichnen diesen Zustrom in die Gewässer als Basisabfluss“, erläutert Arnd Wendland, Leiter der Werke von Hamburg Wasser. „Um sicherzustellen, dass unsere Trinkwasserproduktion nachhaltig bleibt, fördern wir nur einen geringen Anteil Grundwasser – gemessen an der gesamten Neubildung. Zur Überwachung beobachten wir nicht nur die Pegelstände des Grundwassers, sondern auch den Abfluss in die Fließgewässer permanent. Mit den neuen Geräten gelingt uns das künftig noch besser, weil sie ganz ohne störanfällige Mechanik auskommen und für einen autarken Betrieb ausgelegt sind.“

Jährlich rund 48 Millionen Kubikmeter Wasser aus Nordheide geholt

Für Trinkwasser werden jährlich rund 48 Millionen Kubikmeter durch Hamburg Wasser und andere Wasserversorger, sowie für die Bewässerung der Felder rund 17 Millionen Kubikmeter Grundwasser aus dem Boden der Nordheide geholt. Der Rest fließt zurück in die Bäche und Flüsse und dadurch, so Hamburg Wasser, sei die Wasserversorgung der Nordheide nicht beeinträchtigt.

Hamburg Wasser unterlag im Oktober 2021 bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung in erster Instanz gegen den Landkreis Harburg, legte aber Rechtsmittel ein. Der Landkreis hatte dem Unternehmen lediglich eine gehobene Erlaubnis zur Förderung von Wasser in der Nordheide zugesprochen und sicherte sich so die Möglichkeit, mit Blick auf den Klimawandel und den damit einhergehenden Wetterphänomenen flexibel, auch auf die Höhe der Fördermenge, reagieren zu können. Dieses Vorgehen beklagt Hamburger Wasser, dass nach eigenem Bekunden rund 13 Prozent des Hamburger Wasserbedarfs in der Nordheide fördert.

Bauarbeiten sorgen für Verkehrsbehinderungen

Die Fördermenge sollte für 30 Jahre festgeschrieben werden, so das Unternehmen. Aktuell darf Hamburg Wasser bis zum Jahr 2048 im Durchschnitt 16.1 Millionen Kubikmeter Grundwasser zum Zwecke der Trink- und Brauchwasserversorgung Hamburgs aus 38 Förderbrunnen holen. Die jährliche Gesamtentnahmemenge darf 18,4 Millionen Kubikmeter jedoch nicht überschreiten.

In einem zweiten Bauabschnitt wird die Brunnenanlage in Schierhorn an das Wasserwerk in Hanstedt angeschlossen. Dafür sind umfangreiche Erdbauarbeiten geplant, die Anfang Juli starten. Ab dem 18. Juli wird zwischen Schierhorn und Wesel die Kreisstraße 73 für den Verkehr gesperrt, um die Trinkwasserleitung zu verlegen. In diesem Zusammenhang wird auch der beliebte Radweg am Royberg erneuert.