Winsen

Lokalpolitik fordert mehr Personal für den Straßenbau

| Lesedauer: 5 Minuten
Rolf Zamponi
Für den Straßenbau im Landkreis Harburg soll künftig das Personal so aufgestockt werden, dass schneller saniert werden kann

Für den Straßenbau im Landkreis Harburg soll künftig das Personal so aufgestockt werden, dass schneller saniert werden kann

Foto: imago stock&people / imago/Lars Berg

Alle Fraktionen im Bauausschuss fordern mehr Geld und mehr Fachleute um marode Fahrbahnen zu sanieren.

Winsen.  Für Norbert Stein (SPD) ist die Lage dramatisch. „Es brennt momentan, wir müssen Sofortmaßnahmen für den Straßenbau ergreifen und dürfen vor den Engpässen nicht die Augen verschließen“, appellierte Stein im Bauausschuss des Kreises. Es war seine direkte Reaktion auf den Bericht von Uwe Karsten, dem Chef des Betriebs Kreisstraßen.

Dessen klare Ansage: In diesem Jahr wurde deutlich weniger saniert als im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. „Es wird immer schwieriger“, machte Karsten deutlich, „unsere Planungen umzusetzen.“

Zwei Hauptursachen sind dafür ausschlaggebend. Die erste ist das Alter vieler Straßen, die aus den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts stammen als noch reichlich gebaut wurde. „Heute reicht es oft nicht, die Straßendecken zu reparieren, häufig muss auch noch der gesamte Unterbau erneuert werden“, sagte Karsten dem Abendblatt.

Zudem gelten heute deutlich mehr Vorschriften, weil mit dem Straßenbau stets Eingriffe in die Natur und Landschaft verbunden sind. Bei Ortsdurchfahrten geht es um die Entwässerung der Oberflächen, die oftmals ebenfalls nicht mehr den Anforderungen entspricht. „Wir müssen etwa Grundstücke für Regenrückhaltebecken erwerben und dafür mit den Eigentümern verhandeln“, erklärt der Chef des Kreisbetriebes. Alles kompliziert und vor allem zeitaufwendig.

Die Folge: In diesem Jahr wurden gerade 2,4 Kilometer Straße und 3,9 Kilometer Radweg fertig. Dagegen lagen die Durchschnittswerte für die zurückliegenden zehn Jahre bei 7,2 Kilometern für die Straßen und 6,0 Kilometer für Radwege.

Die Politiker drängen jetzt auf rasche Abhilfe. Vor allem durch die Besetzung neuer Stellen. Damit wird sich die Kreisverwaltung befassen, sie will Personal aufstocken, versicherten der Erste Kreisrat Kai Uffelmann und Kreisrätin Monika Scherf. Doch dies bis zum Beschluss des Doppelhaushalts 2018/19 Ende Dezember zu schaffen, hält der Vizechef der Kreisverwaltung für nicht möglich.

„Wir werden uns die Arbeitsprozesse anschauen, die Stolpersteine bezeichnen und Lösungsvorschläge machen“, sagte Uffelmann dem Abendblatt. Dies soll möglichst bis zum Abschluss des ersten Quartals 2018 geschehen. Der Stellenaufbau dürfe dabei nicht auf die eine Abteilung geschränkt bleiben.

„Welche Leute wir brauchen, wird erst nach einer Ablaufoptimierung klar“, sagte Scherf im Kreis-Bauausschuss. Derzeit gehören allein zum Betrieb Kreisstraßen etwa 40 Mitarbeiter, drei davon sind Planer.

Immerhin können sich Uffelmann und Scherf nun auf einen einstimmig beschlossenen interfraktionellen Antrag stützen, den Arno Reglitzky (FDP) eingebracht hatte. Danach sollen die Ressourcen des Betriebs Kreisstraßen geprüft, Engpässe abgeleitet und sie dann mit zusätzlichen Mitteln und neuem Personal überwunden werden.

Für Uffelmann ist klar: Allein an einer Stelle Personal aufzubauen ohne den gesamten Ablauf von Bauprojekten im Auge zu haben, ist wenig sinnvoll. Beispiel Grundstücksverhandlungen: Für sie wird die Liegenschaftsabteilung des Kreises mit eingeschaltet. „Wir müssen zunächst detailliert in die Planungen einsteigen, um künftig effizient arbeiten und mehr schaffen zu können“, sagt Uffelmann.

Zwar sind für 2018 und 2019 wieder steigende Werte beim Ausbau von Straßen und Radwegen geplant. Allein im kommenden Jahr sollen mit der jetzt beschlossenen Erneuerung der 4,3 Kilometer Radweg an der Kreisstraße (K) 72 zwischen Sprötze und Holm-Seppensen zehn Kilometer erreicht werden.

Bei den Straßen strebt Karsten 3,6 Kilometer an. Dazu könnte ein Abschnitt von 500 Metern der Rosengartenstraße in der Nähe von Sieversen gehören. Dort ist in einem Kurvenabschnitt die Fahrbahndecke nicht mehr ausreichend griffig und auch der Unterbau nicht mehr tragfähig genug.

Doch der Bau-Ingenieur Karsten weiß, dass auch im kommenden Jahr nicht alle Planungen zu schaffen sein werden. Das scheitert jedoch nicht am Geld, auch wenn derzeit statt acht Millionen Euro nur fünf für das Sanierungsprogramm Kreisstraßen vorgesehen sind. „Mehr als die fünf Millionen Euro können wir nicht verbauen. Mehr schaffen wir nicht“, sagt Karsten.

Zu den Hintergründen gehört auch, dass bei öffentlichen Bauten stets die Interessen von Versorgungsunternehmen, Gemeinden und Naturschutz berücksichtigt werden müssen. Immer geht es irgendwo nicht weiter. Deshalb arbeitet der Kreis mit Prioritätenlisten. So können Projekte nachrücken, wenn anderswo Stillstand eintritt.

Nach dem Votum für den interfraktionellen Antrag liegt ein Antrag der Grünen/Linken nun auf Eis. Sie hatten für den Doppelhaushalt jährlich 2,5 Millionen Euro sowie bis zu zwei Planstellen für die Arbeit am Radwegekonzept gefordert. Ob Straße oder Radweg: Das Fazit des Ausschuss-Vorsitzenden Wilfried Geiger (CDU) ist klar: „Wir wollen alle, dass etwas passiert.“

Der Betrieb Kreisstraßen des Landkreises

Der Betrieb Kreisstraßen ist für die Planung und für den Neu- und Ausbau der Kreisstraßen auf 426 Kilometern und der begleitenden Radwegeinfrastruktur sowie die Brücken, Entwässerungs- und Lichtsignalanlagen zuständig.

Die Unterhaltung der Straßen im Kreis liegt bei der Betriebsgemeinschaft Straßendienst (BGS). Ihr Sitz ist Hittfeld.

Die Betriebsgemeinschaft, die zum Betrieb Kreisstraßen gehört, betreut insgesamt 670 Kilometer Kreis-, Landes- und Bundesstraßen. Damit ist sie die größte Straßenmeisterei im Land Niedersachsen. Die Kooperation von Kreis und der Niedersächsischen Straßenbauverwaltung ist dabei bundesweit einmalig.

( rz )