Hannover. Schneller Wechsel: Nach Rückzug von Carola Reimann hat Ministerpräsident alte Bekannte aus Landespolitik zur Nachfolgerin bestimmt.

Daniela Behrens wird Niedersachsens neue Sozial- und Gesundheitsministerin. Die 52-Jährige tritt die Nachfolge von Carola Reimann (ebenfalls SPD) an, die am Montag überraschend aus Gesundheitsgründen zurückgetreten war.

Behrens stammt aus Bremerhaven und leitet derzeit die Gleichstellungsabteilung im Bundesfamilienministerium. Bis 2017 war sie Staatssekretärin im niedersächsischen Wirtschaftsministerium, musste diesen Posten aber aufgrund einer Affäre um mögliche Fehler bei der Vergabe von Aufträgen aufgeben. Inzwischen gilt sie als rehabilitiert.

Ministerium hat Schlüsselrolle in der Bewältigung der Corona-Krise

Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte am Dienstag: "Ich freue mich sehr, dem Landtag mit Daniela Behrens eine hoch kompetente, politisch erfahrene und überzeugend auftretende Sozialministerin vorschlagen zu können. Sie ist durchsetzungsfähig, sie kann gut kommunizieren." Behrens soll am Freitag in einer Sondersitzung des Landtags vereidigt werden.

Dem Regierungschef ging es bei der Berufung auch um eine möglichst rasche Nachfolge an der Spitze des Ministeriums, das in der Corona-Krise zu einem Schlüsselressort geworden ist. Bis Behrens übernimmt, füllt Innenminister Boris Pistorius (ebenfalls SPD) die Rolle aus.

Krankenhausaufenthalt : Reimanns Rücktritt hatte gesundheitliche Gründe

Reimann hatte ihren Rückzug am Montag mit einem bevorstehenden Krankenhausaufenthalt begründet. Danach hätte sie ihre Amtsgeschäfte in nächster Zeit nur sehr eingeschränkt wahrnehmen können. Wegen Pannen im Corona-Krisenmanagement stand sie in der Kritik. Auch Rücktrittsforderungen gab es.

Drängende Baustellen im Sozialministerium sind eine Beschleunigung der Impfungen, der Wechsel zu einer Terminvergabe ohne lange Warteschlangen und überlastete Hotlines sowie andererseits das Vermeiden eines "Impfstaus" bei dem Impfdosen – etwa des Herstellers Astrazeneca – ungenutzt bleiben. Wenn in einigen Wochen wie angekündigt deutlich mehr Impfstoff da sein sollte, wird es außerdem darum gehen, mehr Menschen als bisher gleichzeitig zu impfen.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Die Opposition nahm Behrens sofort in die Pflicht. FDP-Fraktionschef Stefan Birkner bezeichnete die Neubesetzung als "Chance, die deutlich zu langsam laufende Impfkampagne zu beschleunigen und die notwendige Schnellteststrategie zügig umzusetzen". Auch Grünen-Fraktionschefin Julia Willie Hamburg sagte, der Handlungsbedarf sei immens. "In den nächsten Tagen wird es entscheidend sein, die Test- und Impfinfrastruktur in Niedersachsen massiv auszubauen und voranzubringen."

Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:

  • Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
  • Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
  • Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
  • Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
  • Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).

Der Ärzteverband Marburger Bund erinnerte daran, dass das Land über die Corona-Krise hinaus "andauernde gesundheits- und sozialpolitische Impulse" brauche. Dabei gehe es beispielsweise um die Umsetzung der Vorschläge einer Landtagskommission zur medizinischen Versorgung.

Studierte Politikwissenschaftlerin und ehemalige Journalistin ist nicht vom Fach

Die studierte Politikwissenschaftlerin und ehemalige Journalistin Behrens ist anders als die promovierte Biotechnologin Reimann im Sozial- und Gesundheitsministerium nicht vom Fach. Allerdings bringt sie als ehemalige Staatssekretärin der rot-grünen Vorgängerregierung Erfahrung im Regierungsapparat mit.

Mit der Wahl von Behrens setzt sich Weil über den für die Landes-SPD wichtigen regionalen Proporz hinweg. Auf die Braunschweigerin Reimann folgt nun eine Sozialdemokratin aus dem Bezirk Nord- Niedersachsen.