Wenningstedt/Sylt. Nach dem Durchzug von Orkantief “Sabine“ sind Schleswig-Holsteins Küstenschützer zufrieden. Die Sturmflutserie hat der Substanz der Nordseeinsel Sylt nichts anhaben können. Schäden gibt es aber dennoch.

Die garstige "Sabine" hat der Westküste Schleswig-Holsteins übel mitgespielt. Mit fünf Sturmfluten in Serie nagte das Orkantief von Montag bis Mittwoch an den Stränden von Inseln und Festland. Doch der Küstenschutz blieb diesmal Sieger. "Unsere Landesschutzdeiche an der Nordseeküste haben auf ihrer Länge von 364 Kilometern die schwere Sturmflutserie sehr gut überstanden", sagte Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) am Donnerstag. Auf Sylt habe die Sturmflutserie des Orkantiefs "Sabine" aber die Strände ausgeräumt und trotz aller Vorsorge an wenigen Stellen auch die Substanz der Insel angegriffen. Albrecht ließ sich die Schäden von Fachleuten des Landesbetriebs für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz auf Sylt erläutern.

"Wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen", sagte Arfst Hinrichsen, Morphologe beim Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN). An Deichen seien nur vereinzelt kleinere Schäden aufgetreten, die vorläufig gesichert worden seien. Auf Sylt gebe es aber Sandverluste. Das dort seit mehr als 30 Jahren im Sommerhalbjahr immer wieder aufgefüllte Sanddepot habe nicht vollständig verhindern können, dass es auch an den Vor- und Randdünen und am Roten Kliff bei Kampen Abbrüche gegeben habe. Seine eigentliche Funktion, die Substanz der Insel zu schützen, habe das Depot aber grundsätzlich erfüllt.

Auf der überwiegenden Strecke der knapp 40 Kilometer langen Sylter Westküste wurde das Sanddepot abgetragen und in den Unterwasserstrand verlagert. Damit liegen die trockenen Strände tiefer als üblich. Auf nahezu einem Drittel der Westküste der Insel seien zudem Abbrüche an den Vor- und Randdünen zu verzeichnen.

"Die Randdüne ist die letzte Düne, bevor das Meer kommt", erklärte Morphologe Hinrichsen. "Das Ziel des Küstenschutzes ist, die Vordünen so aufzubauen, dass wir einen Schutz haben bei Sturmfluten für die Randdüne." Wenn die Vordüne wegbreche, sei das nicht schlimm. "Weil sie dafür da ist." Das "Rote Kliff" von Sylt beispielsweise sehe man zurzeit nicht. Denn "es ist von einer Vordüne geschützt. Wenn die weg ist, liegt das Kliff nackt und kann wegbrechen, wie Hinrichsen sagte.

Wenn eine Randdüne keine Vordüne mehr habe, könne sie wegbrechen und das Wasser in die Dünentäler "oder wo auch immer hinlaufen", erklärte er. Auf Sylt habe er auf einem Kilometer auch Verluste der Randdünen registriert. "Da haben die Vordünen nicht ausgereicht." Doch nicht nur Randdünen sind betroffen. Bei Kampen wurde auf einer Länge von annähernd 300 Metern das "Rote Kliff" angegriffen.

Andere sandige Inseln sind auch von der Sturmfluten betroffen. Im Westen Föhrs gibt es Sandverluste an den Stränden, ebenso an der Amrum Odde, am Nordende der Insel. Auf den Halligen konnten aufgrund des anhaltenden Landunter noch keine Schäden ermittelt werden.

Letztendlich sei der Sand einer zerstörten Vordüne nicht verloren, er verlagere sich nur vom trockenen Strand in den Unterwasserstrand - den sogenannten Vorstrand. "Der Vorstrand ist wesentlich für das Zerstörungspotential des Seegangs. Wenn der gut genährt ist, haben wir viel weniger Schäden am Strand", erklärte Experte Hinrichsen.

In Westerland habe man in der Vergangenheit mit gutem Ergebnis Sand auf dem Unterwasserstrand "verklappt". Das sei nicht nur günstiger als das Aufspülen des Badestrands. "Wir sehen, in Westerland erholt sich der Strand von alleine. Das liegt daran, dass draußen so viel Sand liegt, und dieser tatsächlich an den Strand kommt."

Die Unterwasserstrand-Verklappung werde in Zukunft viel häufiger gemacht werden müssen, um die Insel für den Klimawandel richtig aufzustellen, sagte Hinrichsen: "Denn wenn die Energie schon im Vorfeld umgewandelt wird, kommt sie nicht an den Strand."