Hamburg. Die Schattenseiten des Sommers zeigen sich in Hamburgs Gewässern. Fünf Tonnen toten Fisch mussten die Einsatzkräfte am Wochenende aus dem Wasser am Wandsbeker Mühlenteich, an der Fuhlsbütteler Schleuse und am Rückhaltebecken Erich-Kästner-Ring in Bramfeld holen und entsorgen lassen. „Es waren Tausende Fische, so viele an einem Wochenende hatten wir bislang noch nicht“, sagt Björn Marzahn, Sprecher der Umweltbehörde. Und es werden nicht die letzten gewesen sein. „Solange die Temperaturen so bleiben, werden weitere Fische durch den wetterbedingten Sauerstoffmangel im Wasser sterben“, sagt Marzahn. „Bedrückend, dass der Preis für dieses schöne Wetter so hoch ist.“
Vor allem in der Wandse, der Ammersbek und der Tarpenbek sowie in allen Rückhaltebecken sei die Situation weiter kritisch. Auch in Binnen- und Außenalster sieht es nicht gut aus. An der Messstelle an der Lombardsbrücke wurden noch am Sonnabend acht Milligramm Sauerstoff pro Liter gemessen, am Sonntag waren es – bedingt durch das Gewitter und den Regen, der schädliche Sedimente ins Wasser gespült hat – nur noch 3,9 Milligramm pro Liter. Am Montag hatte sich der Wert ein wenig auf 4,2 Milligramm Sauerstoff pro Liter erhöht, doch er liegt immer noch sehr nah an der für Fische kritischen Grenze von vier Milligramm. Auch die Wassertemperatur ist mit 25,5 Grad noch sehr hoch. „Die Fische sind hier in jedem Fall unter Stress“, so Marzahn.
Die Behörde und die Bezirke seien auf das Abfischen weiterer toter Tiere vorbereitet. Hierfür wurden Verträge mit den Firmen Buchen und Jongen geschlossen, die sich sonst um Umweltunfälle wie beispielsweise Ölverunreinigungen an Land oder im Hafen kümmern. Darüber hinaus habe man mit der Müllverbrennungsanlage Borsigstraße eine „unbürokratische Vorgehensweise“ vereinbart, um die toten Fische schnellstens zu entsorgen.
Die Temperatur der Elbe hat sich im Vergleich zu Freitag ebenfalls erhöht. In Bunthaus wurden am Montag 26 Grad gemessen, die Sauerstoffkonzentration fiel hier von 4,8 auf 4,4 Milligramm pro Liter. An der Messstation in Blankenese stieg die Wassertemperatur auf 24,1 Grad, die Sauerstoffkonzentration blieb hier mit 4,7 Milligramm aber konstant. Vor allem die Zufuhr aus dem Oberlauf macht der Behörde Sorgen, da das Wasser derzeit nur eine sehr geringe Sauerstoffkonzentration habe. Mit einem Sterben der Fische rechnet die Behörde in der Elbe bislang jedoch noch nicht. „Die Elbe ist breit und tief genug und bietet so noch genug Sauerstoffecken, in denen sich die Schwärme aufhalten können“, sagt Sprecher Marzahn.
Das Zuführen von Sauerstoff bringt nichts
Damit sich die Situation in kommenden Sommern möglichst nicht wiederholt, strebt die Behörde eine ökologische Verbesserung der Gewässer an – zum Beispiel durch weitere Renaturierungsmaßnahmen. Dafür werde man sich nach dem Sommer mit den Wasserbehörden und den Bezirken zusammensetzen, kündigte Marzahn an. Akut könne man dagegen leider nichts unternehmen, es gebe dafür keine sinnvollen Maßnahmen – weder berieseln noch das Zuführen von Sauerstoff in die Gewässer würden etwas bringen.
Das sieht auch Wolfram Hammer, Gewässerexperte des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) in Hamburg, so. Die einzige Sofortmaßnahme betrifft das Verhalten der Hamburger. „Wasserentnahmen zum Gießen müssen völlig eingestellt werden“, sagt der Diplom-Biologe. An einigen Nebengewässern würden die Bäche nachmittags von den privaten Wasserpumpen regelrecht „leergelutscht“, wodurch der Zustrom des kühleren quellnahen Wassers für die unteren Gewässerbereiche versiege. „Zudem müssen wir gucken, dass wir langfristig besser mit solchen Extremsituationen zurechtkommen – diese Wetterlagen werden wir in Zukunft nämlich deutlich öfter haben.“
Der BUND-Experte sieht dafür vier Möglichkeiten: Erstens solle die Stadt in den Rückhaltebecken und Staubereichen weniger Fische einbringen lassen und die Arten der Situation anpassen, das heißt, zum Beispiel auf Karpfen verzichten, die im Schlamm wühlen und so die Gewässerbelastung verstärken. Zweitens müsse der Schlamm in den Rückstaubereichen reduziert werden. Drittens dürfe Regenwasser nicht mehr ohne Vorreinigung in die Gewässer geleitet werden, dies könne beispielsweise in Abwasserrohren geschehen. Und viertens müsse die ständige Nährstoffüberlastung der Gewässer verhindert werden. „So sollte zum Beispiel das Phosphat aus dem Abwasser der Klärwerke gefiltert werden, das im Zusammenspiel mit Wärme zu einem vermehrten Blaualgenwachstum führt“, sagt Hammer. „Ebenso sind die Nitrate und Phosphate, die durch die Landwirtschaft beispielsweise in die Oberalster gelangen, ein Problem.“ Aber auch die Alsteranwohner, die ihren Kompost und ihre Gartenabfälle einfach in der Alster entsorgten, würden die Situation verschärfen.
Die Behörde bittet, größere Mengen toter Fische zu melden: Tel. 428 40-23 00.
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