Kiel/Hamburg. Die Schleswig-Holsteiner haben bereits beschlossen – und in diesem Jahr einen Feiertag mehr. Der Kieler Landtag hat am Donnerstag beschlossen, den protestantischen Reformationstag am 31. Oktober als neuen gesetzlichen Feiertag einzuführen. Der Landtag billigte den Gesetzentwurf nach einer lebhaften und kritischen Debatte ohne Gegenstimmen bei vier Enthaltungen – von den drei Abgeordneten des SSW und des SPD-Abgeordneten Tobias von Pein.
Im Plenum machten Redner von SPD, Grünen, FDP und SSW deutlich, dass sie statt eines weiteren kirchlichen Feiertages ein säkulares Datum wie den Tag des Grundgesetzes, der Landesverfassung, des Kieler Matrosenaufstandes von 1918 oder den Weltfrauentag lieber gehabt hätten. Zudem sei der Reformationstag eher ein Gedenktag als ein Feiertag. Denn Martin Luthers Antisemitismus, die Kirchenspaltung und die Glaubenskriege gehörten ebenfalls zur Reformation. Abgeordnete von CDU und AfD sprachen sich dagegen klar für den Reformationstag aus und verwiesen auf die Aktualität dieser historischen Zäsur.
Alle Parteien betonten, dass es nun einen zusätzlichen Feiertag im norddeutschen Verbund geben werde. Hamburg, Niedersachsen und Bremen wollen den Reformationstag ebenfalls als gesetzlichen Feiertag einführen. In Mecklenburg-Vorpommern ist der Reformationstag wie in den anderen ostdeutschen Bundesländern bereits Feiertag.
Ein Kernargument für den Reformationstag lautete, eine Feiertagsgrenze zwischen den Ländern in Norddeutschland wäre nicht vermittelbar – etwa wenn die Eltern in Hamburg arbeiten und am Reformationstag frei hätten und in Schleswig-Holstein die Kinder zur Schule gehen müssten, weil es einen anderen Feiertag gebe.
Kritik vom katholischen Hamburger Erzbischof
Es wurde von SPD, Grünen und dem SSW auch auf das Ungleichgewicht verwiesen, dass Schleswig-Holstein bisher nur neun Feiertage hatte, während Bayern auf 13 kommt. Die Gewerkschaften hatten hier eine Angleichung gefordert.
Dagegen betonte der CDU-Fraktionsvorsitzende Tobias Koch, wenn es nur um einen arbeitsfreien Tag ginge, wäre dies Aufgabe der Tarifparteien. Er griff die Argumentation des evangelisch-lutherischen Bischofs Gothart Magaard vom Sprengel Schleswig und Holstein auf, der die Bedeutung der Reformation schon früher unterstrichen hatte. Nach der Abstimmung erklärte Magaard, der die Debatte auf der Tribüne des Landtags verfolgt hatte: „Ich freue mich, denn diese Entscheidung würdigt sowohl die vielfältigen gesamtgesellschaftlichen Bezüge dieses Tages als auch die besondere Bedeutung der Reformation für unsere Kirche.“
Der katholische Hamburger Erzbischof Stefan Heße äußerte sich kritisch: „Ich respektiere natürlich die Entscheidung des Parlaments, einen evangelisch-lutherischen Feiertag besonders zu schützen. Nach wie vor bin ich jedoch sehr irritiert darüber, dass gerade im politischen Raum offensichtlich keine Zeit war, um sich mit den unterschiedlichen Ansichten zu diesem Thema auseinanderzusetzen und eine breite gesellschaftliche Diskussion herbeizuführen.“
Der Reformationstag erinnert an Martin Luthers Anschlag seiner 95 Thesen vor 500 Jahren an die Schlosskirche in Wittenberg in Sachsen-Anhalt. Dieser Tag gilt als Geburtsstunde der Reformation. In den Thesen kritisierte Luther unter anderem den Ablasshandel zum Sündenerlass, mit dessen Einnahmen der Petersdom in Rom erneuert werden sollte. Luther sah darin einen Missbrauch und rief zur Rückbesinnung auf die Bibel auf.
Die Hamburgische Bürgerschaft will am kommenden Mittwoch über einen zusätzlichen gesetzlichen Feiertag entscheiden. Dabei werden mindestens drei Vorschläge den Abgeordneten zur Auswahl stehen, für die Abstimmung ist der Fraktionszwang aufgehoben. Zuletzt haben sich neun SPD-Parlamentarier zu Wort gemeldet, die den 23. Mai vorschlagen – in Erinnerung an den 23. Mai 1949, jenen Tag, an dem das Grundgesetz verkündet wurde.
„Der 23. Mai ist der Geburtstag des Grundgesetzes und ein großer Feiertag für die wiedergewonnene Demokratie“, heißt es in dem Antrag der neun Abgeordneten. Mit der Etablierung als gesetzlicher Feiertag würde die Bürgerschaft ein Zeichen für „Demokratie, Freiheit, Humanismus, für Vielfalt und ein gerechtes Miteinander“ setzen. „Im kommenden Jahr wird unsere Verfassung, das deutsche Grundgesetz, 70 Jahre alt. Das ist uns Anlass, den Tag der Verkündung als dauerhaften Feiertag vorzuschlagen“, sagte der SPD-Abgeordnete Sven Tode, einer der Unterzeichner.
Mehrheit in der Bürgerschaft für Reformationstag
Zuvor hatten bereits mehrere Frauen und Männer um die Grünen-Abgeordnete Mareike Engels den Frauentag am 8. März als künftigen Feiertag vorgeschlagen. Offen ist noch, ob Abgeordnete der Linken-Fraktion den 8. Mai zur Abstimmung stellen – in Erinnerung an den 8. Mai 1945, den Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus.
Dennoch wird es auch in der Bürgerschaft eine Mehrheit für den 31. Oktober geben. Bereits 66 der 121 Abgeordneten unterstützen den Gruppenantrag von Mitgliedern der CDU-, SPD- und Grünen-Fraktion.
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