Wegen des milden Winters ziehen die wohlschmeckenden Fische diesmal besonders früh flussaufwärts – zur Freude der Elbfischer

Hoopte. Draußen sind es nur zwei Grad, das Wasser der Elbe ist knapp zwei Grad wärmer. Es regnet kräftig. Egal, es geht raus. Für die Fische ist das warm genug, der Stint-Fang ist in vollem Gange. „Wegen des warmen Winters sind die Stinte so früh da wie nie zuvor“, sagt Elbfischer Wilhelm Grube. Rasant steuert er das offene Aluminiumschiff mit dem starken Außenborder elbaufwärts. „Das muss fix sein, wir fahren die Elbe von hier zehn Kilometer stromauf und stromab, von Hamburg bis Geesthacht.“ Bis Geesthacht fließt die Elbe im Strom der Gezeiten, dann kommt das Wehr mit der Schleuse.

Mit 25 Knoten, fast 50 Stundenkilometern, geht es zur ersten Reuse. Die Elbe ist hier schon 300 Meter breit, eingefasst von hohen Deichen. Routiniert packen Grube und Helfer Roman die grüne Kunststoffreuse. Schnell ist die erste Kiste mit den grünlich-silbernen Fischlein gefüllt. Blaue Kanister verraten, wo die Reusen liegen, 120 sind es insgesamt. „Wenn Wind gegen Strom ist, dann ist hier ordentlich was los“, sagt Grube, da sei es heute fast schon beschaulich. Auch Binnenfischerei ist harte Arbeit.

Die erste Kiste konnte Grube in diesem Jahr schon am 16. Februar füllen. Wenn es wärmer wird, machen sich die nur etwa 20 Zentimeter langen Fische auf zur Wanderschaft. Sie ziehen die Flüsse hinauf zu ihren Laichplätzen. Bereits im Winter sind sie aus der Nordsee in die Flussmündungen gezogen.

Als Grube wieder anlegt, fährt sein Bruder Werner gerade mit dem anderen Boot los. „Is goot“, sagt Wilhelm Grube nur kurz – „der Fang ist gut“, würde es binnenwärts heißen. Dann wird die kostbare Fracht an Land gebracht. Sieben Kisten sind im Boot. „Heute werden es bestimmt 25“, freut sich Grube, das wären rund 500 Kilo. „Wir hoffen, bis Mitte April 30 Tonnen zusammenzukriegen.“

Grube ist Fischer, Landwirt und Gastronom. Seine Arbeitswoche hat 90 Stunden. Sein Fischrestaurant ist für den Stint bekannt, nicht nur in der Region. „Geräuchert, in Sauer oder gebraten – dafür kommen die Leute auch aus Flensburg und Berlin“, berichtet er. Rund 20 Prozent des Fanges behalte er selbst, der Rest gehe an den Großhandel und rund 50 andere Gaststätten. Wenn es keine Stinte sind, fischt er Zander, Aale, Brassen und Wollhandkrabben.

„Wir sind die letzten Stintfischer oberhalb von Hamburg, und elbabwärts sind es auch nur noch zwei“, sagt der 59-Jährige mit dem fröhlichen Gesicht. „Jetzt geht es los. An der Unterelbe hat mein Sohn gestern 18 Kisten geholt.“ Grubes Sohn Per-Willem ist mit dem roten Kutter „Elvstint“ zwischen Wedel und Glückstadt unterwegs. „Wir sind der letzte Familienbetrieb an der Elbe“, sagt Grube. Sorgen um die Zukunft hat er keine. Auch sein zehnjähriger Sohn Jonas mache schon begeistert mit.

„Die Stintfischer an Ems, Weser und Elbe haben keine Probleme, ihren Fang abzusetzen“, sagt Fischereiberater Volkmar Hinz von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Der in Norddeutschland wegen seines Geschmacks auch „Gurkenfisch“ genannte Stint sei bei Feinschmeckern heiß begehrt – und das nicht nur an der Küste. „In den letzten zehn Jahren ist der Spaß am Stintessen auch ins Binnenland gekommen“, sagt Hinz. „Die Nachfrage ist groß, das frühere Arme-Leute-Essen ist jetzt salonfähig geworden.“