Kiel/Schwerin. Jedes vierte Kind in Schleswig-Holstein ist von Armut betroffen, in Mecklenburg-Vorpommern ist es fast jedes dritte. In einigen Hamburger Stadtteilen wie Billstedt und Jenfeld liegt der Anteil der armen Kinder bei rund 50 Prozent. Diese Zahlen alarmieren jetzt auch das Parlament (Synode) der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland.

Vom 26. bis 28. Februar beraten die Kirchenparlamentarier auf ihrer Tagung in Lübeck-Travemünde über die wachsende Kinderarmut. „Armut beraubt die Kinder ihrer Lebensmöglichkeiten und Lebensperspektiven. Als Kirche werden wir diese Situation nicht hinnehmen. Deshalb treten wir für ein breites Bündnis für eine Anhebung des Familienbudgets ein“, sagte Andreas Tietze, Präses der Landessynode.

Längst aber sind nicht alle Landesverbände des Kinderschutzbundes mit dem Engagement der Nordkirche gegen die Armut zufrieden. „Zwar betreuen Kirche und Diakonie sehr viele von Armut betroffene Menschen. Ich vermisse aber den lauten Protest der Kirche gegen die extrem hohe Armutssituation gerade im Norden der Republik“, sagte Carsten Spies, Landesgeschäftsführer des Kinderschutzbundes in Mecklenburg-Vorpommern.

Spies hofft, dass sich die Nordkirche mit dem vom Kinderschutzbund mit entwickelten Modell der Kindergrundsicherung beschäftigt. „Ich erwarte von der Synodentagung, dass man sich mit konkreten Vorschlägen auseinandersetzt, um das Problem an der Wurzel zu packen.“ Die Kindergrundsicherung solle unabhängig vom Einkommen der Eltern gezahlt werden.

Wie Uwe Hinrichs, Geschäftsführer des Kinderschutzbundes in Hamburg, sagte, ist die Zahl von rund 48.000 Hamburger Kindern bis zum Alter von 15 Jahren, die Sozialleistungen beziehen, „immer noch dramatisch hoch“. Doch der leichte Rückgang der Anzahl der von Armut betroffenen Kinder in Hamburg habe dazu geführt, dass dieses Thema aus dem Fokus der Öffentlichkeit gerückt sei. „Ich freue mich deshalb sehr, dass die Landessynode dieses Thema in den Mittelpunkt stellen wird“, sagte Hinrichs.

In der Nordkirche ist es vor allem der Schleswiger Bischof Gothart Magaard, der sich gegen die Kinderarmut engagiert. „Kinderarmut ist ein Skandal“, sagt der Vater von vier Kindern. Allein in Schleswig-Holstein seien 70.000 Kinder von Armut bedroht.