Nachbar der Asylunterkunft soll Brandanschlag verübt haben. Amtsträger sind erleichtert über den Ermittlungserfolg

Escheburg. Erleichterung, aber auch Entsetzen – das sind die vorherrschenden Gefühle in Escheburg, jener Gemeinde im Kreis Herzogtum Lauenburg, in der vor elf Tagen ein Brandanschlag auf eine Asylunterkunft verübt wurde. Erleichterung, weil jetzt ein Tatverdächtiger festgenommen wurde. Und Entsetzen, weil der verhaftete Mann ein unmittelbarer Nachbar der Unterkunft ist. Ein 37 Jahre alter Familienvater, nicht vorbestraft. Er steht nun unter dringendem Tatverdacht, am 9. Februar einen Brandsatz in das Haus geworfen zu haben, in das einen Tag später sechs Männer aus dem Irak einziehen sollten.

Die Staatsanwaltschaft Lübeck geht derzeit von einem Einzeltäter aus

Der Mann soll am heutigen Freitag dem Haftrichter vorgeführt werden.

DNA-Spuren, unter anderem an einem Streichholz, brachten die Beamten auf die Spur des Mannes. Die Staatsanwaltschaft geht zurzeit von einem Einzeltäter aus. Ein Geständnis gab es am Donnerstag noch nicht.

Der 3400-Einwohner-Gemeinde, in der es vor dem Anschlag Aufruhr wegen der kurzfristig verkündeten Ankunft der Asylbewerber gab, steht ein schwieriger Weg bevor. Und vielleicht auch weitere Konflikte: Der Kreis Herzogtum Lauenburg will daran festhalten, die sechs Iraker nach der Renovierung des beschädigten Hauses in Escheburg unterzubringen.

Escheburgs Bürgermeister Rainer Bork glaubt, dass die Tat „eine Kurzschlusshandlung“ war. Er sei auch erleichtert darüber, dass die Tat offenbar „keinen rechtsradikalen Hintergrund“ habe. Das habe er von Anfang an vermutet. Bork: „Dafür war der Brandanschlag viel zu amateurhaft ausgeführt.“ Ähnlich äußerte sich auch Norbert Brackmann (CDU), der derzeit kommissarisch als Landrat des Kreises amtiert: „Ich bin froh, dass die Tat keinen breiten politischen Hintergrund hat. So ist sie zumindest lokal begrenzt.“

Rainer Bork ist sich bewusst, dass mit der Verhaftung das Thema längst nicht erledigt ist. „Für die Familie des mutmaßlichen Brandlegers wird es jetzt besonders hart werden“, sagt der Bürgermeister. Bald werde ganz Escheburg wissen, wer es war. Eine Escheburgerin, die ihren Namen nicht nennen möchte, sagt: „Das will man sich eigentlich gar nicht vorstellen, dass so einer neben einem wohnt.“ Sie sagt auch, dass das Dorf seit dem Brandanschlag regelrecht geteilt sei. „Da hört man Sprüche wie ‚Gehörst du zu den Guten oder zu den Bösen?‘“, so die Anwohnerin.

Etwa 15 Anwohner aus der direkten Nachbarschaft hatten beim Bürgermeister und auch im Amt Hohe Elbgeest vehement protestiert, als bekannt wurde, dass sechs Männer in die Unterkunft ziehen sollen und nicht, wie die Anwohner glaubten, Familien. Unter den Anwohnern, die protestierten, war auch der Tatverdächtige. Mitarbeiter der Amtsverwaltung berichteten, sie seien regelrecht bestürmt worden.

Eine Escheburgerin, die ebenfalls dabei war und auch Unterschriften gegen die Unterkunft gesammelt hatte, sagt nun unter Tränen: „Wir wollten nur reden und unsere Bedenken äußern. Dass so etwas passiert, wollten wir nicht.“ Sie habe Angst, dass nun alle Beteiligten unter der Tat des einzelnen Täters leiden. Spekulationen, dass sich eine ganze Gruppe vor dem Anschlag abgesprochen habe, weist sie zurück.

Rainer Bork sagt: „Wichtig ist, dass wir mit den Menschen, die gegen die Unterbringung der Flüchtlinge waren, im Gespräch bleiben. Wir müssen versuchen, ihnen die Ängste zu nehmen.“ Einen Versuch zum Dialog will die Gemeinde am Montag unternehmen. Geplant ist eine große Bürgerversammlung zum Thema Asyl. Eine Woche nach dem Anschlag gab es in Escheburg eine Mahnwache gegen Rassismus, an der auch Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) teilnahm. Der zeigte sich am Donnerstag erleichtert, dass der mutmaßliche Täter festgenommen sei. Auf der anderen Seite habe er aber auch einen „großen Kloß im Hals“, dass ein Mann aus der unmittelbaren Nachbarschaft der Täter sein soll.

Martina Falkenberg, Vorsteherin des Amtes Hohe Elbgeest, sagte: „Dass jetzt ein Verdächtiger gefasst ist, ist kein Schlussstrich, sondern ein Anfang.“ Der Anschlag habe viel in der Gemeinschaft kaputt gemacht. Das müsse jetzt aufgearbeitet werden. Falkenberg bekräftigte, dass weiterhin Asylbewerber in der Unterkunft untergebracht werden sollen: „Das ist unsere Pflicht.“

Die Gemeinden im Kreis Herzogtum Lauenburg sollen nun aber offenbar Hilfe dabei bekommen, ihre Bewohner auf die Ankunft von Asylbewerbern vorzubereiten. Wie Norbert Brackmann sagte, gebe es auf Kreisebene entsprechende Pläne. Nähere Details wolle er im März bekannt geben.