Solidaritätsbekundung für Anke Spoorendonk in der JVA-Affäre löst Kritik der Kieler Opposition aus. Die politische Neutralität der Justiz sei verletzt

Kiel. Das dominierende Thema im Kieler Landeshaus stand am Mittwoch noch gar nicht auf der Tagesordnung des Parlaments: Schleswig-Holsteins Justizministerin Anke Spoorendonk (SSW) sieht sich in der Affäre um die Geiselnahme in der Justizvollzugsanstalt Lübeck und deren Folgen mit neuen Vorwürfen konfrontiert. Auf Antrag der Opposition will der Landtag am Donnerstag über das Verhältnis zwischen Legislative und Judikative debattieren. Die Opposition kritisiert einen Amtsmissbrauch von zwei Spitzen-Richtern, weil diese eine politische Solidaritätsadresse der höchsten Richter des Landes zugunsten der seit Wochen unter Druck stehenden Justizministerin planten.

Die „Kieler Nachrichten“ hatten am Mittwoch berichtet, dass die Vertrauensbekundung scheiterte, weil mehrere Gerichtspräsidenten ihr Veto eingelegt hätten. Anke Spoorendonk versicherte, die Aktion nicht selbst angestoßen zu haben. Sie habe eine disziplinarrechtliche Prüfung in Auftrag gegeben, ob das Verhalten der Richter zu beanstanden sei. Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) kritisierte die Richter: „Ich bin in der Tat verwundert, gut gemeint, aber das Gegenteil von gut gemacht.“ Die Opposition von CDU und FDP sieht einen Gesetzesbruch. Die im Richtergesetz vorgeschriebene politische Neutralität sei verletzt worden.

„Wir sind hier nicht in Putin-Land“, sagt Wolfgang Kubicki von der FDP

Der CDU-Fraktionschef Daniel Günther sprach von einem unglaublichen Vorgang. Die beiden höchsten Präsidenten der Gerichte Schleswig-Holsteins hätten versucht, „die Gerichtsbarkeit in diesem Land politisch zu instrumentalisieren. So etwas hat es noch nicht gegeben“, sagt Günther. Landesverfassungsgerichtspräsident Bernhard Flor und Oberlandesgerichtspräsidentin Uta Fölster sollen die Initiative angestoßen haben. Daniel Günthers FDP-Kollege Wolfgang Kubicki zog sogar Parallelen zu Diktaturen. Und fügte wenig später hinzu: „Wir sind hier nicht in Putin-Land.“ Er könne sich schwer vorstellen, dass Flor im Amt bleibt, „weil er mit seiner Aktion definitiv dazu beigetragen hat, das Vertrauen der Menschen in die Lauterkeit und Unabhängigkeit der Justiz zu erschüttern“, so Kubicki.

Container-Unterkünfte für Flüchtlinge in Kiel, Flensburg und Lübeck geplant

Schleswig-Holsteins Landesregierung rechnet in diesem Jahr mit bis zu 20.000 neuen Asylbewerbern. Das wären doppelt so viele wie noch vor Tagen erwartet. Im Vorjahr kamen 7620. Allein im Januar trafen 1078 Flüchtlinge ein, im Februar bisher rund 1000. Ministerpräsident Albig warb in seiner Regierungserklärung im Landtag um Solidarität: Der Umgang mit Menschen in Not sei keine Frage des Haushalts. „Unser humanitäres Handeln muss immer wichtiger sein als jede Haushaltszahl.“ Angst vor Überfremdung wäre auch bei bis zu 20.000 Flüchtlingen bei 2,8 Millionen Schleswig-Holsteinern irreal. Derzeit lebten im Land nur gut fünf Prozent Ausländer – bundesweit seien es knapp zehn Prozent. Für die prognostizierte Anzahl reichen die Erstaufnahmekapazitäten bei Weitem nicht. Deshalb strebt Schleswig-Holsteins Innenminister Stefan Studt (SPD) neue Container-Unterkünfte in Kiel, Lübeck und Flensburg an. Am Dienstagabend gab es dazu ein erstes Gespräch mit Stadtoberhäuptern und Hochschulvertretern. CDU-Fraktionschef Günther warf der Regierung Untätigkeit vor. Schon 2013 sei absehbar gewesen, dass die Kapazitäten in Neumünster nicht reichen. Albig habe nicht konkret erklärt, wie er die Probleme lösen will. Auch der Liberale Wolfgang Kubicki vermisste neue Erkenntnisse und konkrete Taten.

Keim-Krise: Ministerin Alheit wehrt sich gegen Vorwürfe der Opposition

Gesundheitsministerin Kristin Alheit (SPD) wehrte sich gegen Kritik der Opposition am Management der „Keim-Krise“ am Uniklinikum. „Die Landesregierung hat gehandelt.“ Die Koalition habe mit einem Achtpunkteplan Schritte zur Verbesserung der Situation am UKSH eingeleitet. Kristin Alheit will zudem gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung darauf hinwirken, dass Ärzte künftig restriktiver bei der Verschreibung von Antibiotika sind. Per Erlass ist geregelt, dass Gesundheitsämter das Gesundheitsministerium sofort über mögliche Ausbruchsgeschehen bei gefährlichen Keimen informieren müssen.

Die Regierung hält am geplanten Stellenabbau bei der Polizei fest

Es bleibt beim geplanten Abbau von 122 der rund 8300 Stellen bei der Landespolizei bis 2020. „Die Bereiche Einsatz und Ermittlung bleiben verschont“, versicherte Innenminister Stefan Studt (SPD). Sie würden sogar gestärkt. Zudem prüfe sein Ministerium weitere Möglichkeiten zur Entlastung der Beamten. Auch eine Gefährdung der inneren Sicherheit kann Studt durch die Pläne nicht erkennen. Der Abbau sei maßvoll. „Wir haben Zeit, die Polizei auf die neue Lage einzustellen.“ Die FDP scheiterte mit ihrem Antrag, auf die Stellenstreichungen zu verzichten. Dagegen sprachen sich SPD, Grünen, SSW und die Piraten aus.