Parksünder blockieren Rettungswege oder Bürgersteige – für Kommunen sind sie eine fast so gute Geldquelle wie Raser

Kiel. Wer kennt das nicht? Weil sich abends partout kein freier Parkplatz mehr in Wohnungsnähe finden lässt, wird der Wagen in zweiter Reihe abgestellt. Morgens steckt dann das rote Knöllchen hinter dem Scheibenwischer. Die Einnahmen der Ordnungsämter aus Parkverstößen und durch Blitzer sind für Schleswig-Holsteins Städte und Gemeinden eine wichtige Einnahmequelle. Und die sprudelt in Kiel am kräftigsten. Gut 5,128 Millionen Euro nahm die Stadt 2014 aus Knöllchen und Tempo-Verstößen ein. Damit entfielen statistisch gesehen auf jeden Kieler 21,16 Euro – so viel wie in keiner anderen der vier kreisfreien Städte.

„Ein Auge zudrücken können wir nicht“, sagt der Leiter des städtischen Ordnungsamtes, Frank Festersen. Hat zum Beispiel Handball-Primus THW Kiel ein Heimspiel, fällt auch langjährigen Kielern die Parkplatzsuche schwer. Dann gebe es einen „verstärkten Einsatz, um einigermaßen akzeptable Zustände in der Stadt herzustellen“. 24 Vollzeitstellen gibt es dafür im Ordnungsamt. Noch lukrativer sind die Blitzer. Damit nahm Kiel 3,143 Millionen Euro in 2014 ein, davon 2,645 Millionen Euro durch mobile Blitzer. Nach Abzug der Kosten verschafften elf damit beschäftigte Mitarbeiter einen Gewinn in Höhe von gut 1,365 Millionen Euro. Elke Marten-Meier schreibt seit 16 Jahren Falschparker auf. „40 Knöllchen sind in etwa ein Durchschnittswert, an manchen Tagen sind es aber auch nur drei“, sagt sie. Nicht jeder kommt mit ihrer Arbeit klar. Beschimpfungen stehen auf der Tagesordnung. „Man lernt damit umzugehen, aber in gewissen Situationen hilft das auch nicht.“

„Wenn Rettungswege zugeparkt sind, gibt es kein Pardon“, sagt ihr Chef Festersen. Das gilt auch während des größten Sommerfestes in Europa Ende Juni: Sonst liefe auf den Straßen während der Kieler Woche gar nichts mehr, sagt Ordnungsamtschef Festersen. „Aber auch dann versuchen unsere Mitarbeiter, Augenmaß zu bewahren.“

Ähnlich tief mussten die Flensburger 2014 statistisch mit 18,46 Euro pro Kopf in die Tasche greifen. 1,68 Millionen Euro nahm die Stadt ein. „Die Aufgabe der Verkehrsüberwachung mag zwar nicht beliebt sein, aber sie ist richtig und wichtig“, sagt Stadtsprecherin Kathrin Ove. Etwas geringer ist das Risiko, ein Knöllchen zu bekommen oder geblitzt zu werden, offenbar in Lübeck. Statistisch gesehen entfielen 2014 auf jeden Einwohner dafür 10,30 Euro. Insgesamt nahm die Stadt 2,223 Millionen Euro ein. Pro Jahr registriert das Ordnungsamt allein 135.000 Parkverstöße. Die Parkraumüberwacher – wie sie offiziell heißen – sind überwiegend in der Altstadt unterwegs, wo das Parken wegen der engen Straßen besonders stark reglementiert ist. „Natürlich haben die Mitarbeiter einen Ermessensspielraum“, sagt Stadtsprecher Marc Langentepe.

Etwas autofreundlicher scheint dagegen Neumünster zu sein. Vergleichsweise geringe 3,57 Euro für Knöllchen entfielen 2014 auf jeden Einwohner. Dort überwachen lediglich zwei Mitarbeiter in Vollzeit den Verkehr. Hinzu kommen fünf Teilzeitkräfte. „Es wird zu besonderen Anlässen grundsätzlich kein Auge zugedrückt“, sagt Ordnungsamtsleiter Udo Wachholz.

Wer in Kiel nur kurz parken muss, kann seit Oktober per Brötchentaste den Geldbeutel schonen. Dann spucken die Parkautomaten einen kostenlosen Parkschein aus, gültig für 30 Minuten.