Pflegenotstand, Einschüchterung – Krankenschwestern erheben massive Vorwürfe gegen Arbeitgeber

Kiel/Lübeck. Ein Sprecher des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) hat den Vorwurf von Repressalien gegen Krankenschwestern im Haus zurückgewiesen. Für die behaupteten Versuche, mit denen eine Teilnahme an den Protestkundgebungen der Schwesternschaften des DRK verhindert werden sollten, gebe es keinen Grund, betont der Sprecher. Vier Krankenschwestern, die anonym bleiben wollen, hatten zuvor diesen Vorwurf erhoben und zudem Pflegenotstand und Personalabbau durch die Hintertür kritisiert.

Hintergrund des Konflikts sind, wie berichtet, die Kündigungen des UKSH gegenüber den DRK-Schwesternschaften zum Jahresende. Fast 1000 Schwestern und Auszubildende sind betroffen. Die Schwesternschaften halten seitdem wöchentlich Protestkundgebungen ab. Sie wollen die fast 100 Jahre lange Kooperation mit dem UKSH fortsetzen. Eine Frist läuft schon im Februar aus: Nur noch bis zum 21. können sie sich auf ihre gekündigten Stellen allein bewerben – danach beginnt die öffentliche Ausschreibung. Die Schwestern befürchten, dass die DRK-Verträge gekündigt wurden, um möglichst geräuschlos den angekündigten Personalabbau von 450 Stellen bis 2019 erreichen zu können. Das UKSH hat insgesamt knapp 3900 Schwestern und Pfleger.

Das UKSH möchte die DRK-Schwestern selbst anstellen und würde auf diese Weise nach eigenen Angaben etwa 750.000 Euro im Jahr sparen. Dagegen kommt ein Gutachten im Auftrag der Schwesternschaften zu dem Ergebnis, das bisherige Modell der sogenannten Gestellungsverträge sei für das UKSH um bis zu eine Million Euro günstiger. „In den letzten zehn Jahren haben wir die Verwaltungspauschale, die das UKSH uns pro Mitarbeiter zahlt, um 50 Prozent gesenkt“, sagt die Vorsitzende der Schwesternschaft Lübeck, Martina Egen.

Doch es gibt weitere Vorwürfe. Zur Darstellung der Schwestern, Reinigungskräfte würden genötigt, DRK-Plakate abzureißen, sagte der UKSH-Sprecher: „Ohne Genehmigung aufgehängte Plakate werden am UKSH verständlicherweise grundsätzlich entfernt.“ Dass Schwestern unter Drohungen aufgefordert worden sein sollen, einen DRK-Button mit dem Wort „Solidarität“ von ihrer Kleidung abzumachen, bestritt der UKSH-Sprecher: Auch hierzu gebe es keinen Grund. „Im OP müssen Schmuckstücke aus Hygienegründen natürlich abgelegt werden.“

Nach Schilderung der Schwestern herrscht praktisch alltäglich Pflegenotstand. Dazu der UKSH-Sprecher: „Personalengpässe sind in der Pflege bundesweit der Normalfall. Am UKSH werden nicht planbare Personalausfälle unverzüglich gelöst.“ Den Vorwurf, die UKSH-Leitung wolle die Zahl der offiziell mitgeteilten Gefährdungsanzeigen zu nicht mehr verantwortbaren Arbeitssituationen mit Tricks niedrig halten, wies der UKSH-Sprecher ebenfalls zurück. Der Klinik-Sprecher versicherte erneut, alle gekündigten Stellen würden mit gleichem Stellenansatz wiederbesetzt: „Wir brauchen alle Schwestern und schätzen ihre hervorragende Arbeit.“ Die Zahl der nicht nachbesetzten Stellen werde sich allerdings an den Patientenzahlen orientieren.