Ministerin zieht damit Konsequenzen aus Geiselnahme in Lübeck vom Heiligabend. 80 Minuten Befragung im Kieler Landtag

Kiel. Als Konsequenz aus dem Vorfall in Lübeck verschärft Justizministerin Anke Spoorendonk (SSW) die Vorschriften für den Umgang mit schweren Straftaten in Schleswig-Holsteins Justizvollzugsanstalten. Künftig müssten die Strafverfolgungsbehörden unmittelbar nach Vorkommnissen eingeschaltet werden, sagte Spoorendonk gestern in einer Fragestunde im Landtag. Dies gilt landesweit und beispielsweise auch für versuchte Geiselnahmen. Spoorendonk hat einen vorläufigen Erlass herausgegeben, der nun mit der Staatsanwaltschaft umfassend rechtlich abgestimmt werden muss.

Auslöser war die gescheiterte Geiselnahme in der JVA Lübeck an Heiligabend 2014. Damals war erst am folgenden Tag eine Strafanzeige erfolgt. „So wie sich mir der Fall aus heutiger Sicht darstellt, war dies ein Fehler“, sagte Spoorendonk. Nach den Geschehnissen im Gefängnis war die Leitstelle der Polizei eher zufällig informiert worden. Diese hatte telefonisch angefragt, ob sie einen Gefangenen dorthin bringen lassen kann.

Spoorendonk nahm aber die in die Kritik geratene Anstaltsleiterin Agnete Mauruschat ausdrücklich in Schutz: „Ihre Handlungsweise war korrekt.“ Sie habe sich gemäß der seinerzeit gültigen Vorschriften für den Umgang mit solchen Fällen korrekt verhalten. Diese seien nun per vorläufigem Erlass geändert worden.

Exakt 80 Minuten lang musste sich Spoorendonk im Plenum den Fragen der Opposition stellen. Elf CDU- und vier Piraten-Abgeordnete hatten zuvor Fragen eingereicht. Inhaltlich gab es zu den Vorgängen rund um die gescheiterte Geiselnahme aber wenig Neues. „Ich bitte um Verständnis, dass ich diese Frage zurzeit nicht beantworten kann“, sagte Spoorendonk beispielsweise auf die Frage, ob es im Vorfeld Informationen über eine geplante Geiselnahme gegeben habe.

Spoorendonk kündigte an, allen im Raum stehenden Vorwürfen werde nachgegangen. „Erst dann können wir alles bewerten und gegebenenfalls Konsequenzen daraus ziehen.“ Prüfung bedeute aber, dass es keine Vorfestlegungen gebe. Sie wolle die laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nicht behindern. „Es ist nicht die Aufgabe einer Justizministerin, eigene Ermittlungen anzustellen.“

Siebenmal sei sie seit Amtsantritt bereits in der JVA Lübeck gewesen, sagte Spoorendonk. Bei jedem Besuch habe sie mit Mitarbeitern gesprochen. „Ich habe den verletzten Mitarbeitern schriftlich mit einem Blumenstrauß meine besten Genesungswünsche zukommen lassen“, sagte Spoorendonk. Sie habe darauf nur positive Rückmeldungen bekommen.

In der JVA Lübeck hatten vier Insassen einen Beamten mit einem Messer bedroht und überwältigt. Nach einer Viertelstunde befreiten andere JVA-Mitarbeiter ihren Kollegen.