Kiel. Nach einer fast zweistündigen Debatte hat der schleswig-holsteinische Landtag einen Beratungsprozess in Gang gesetzt, an dessen Ende eine kleine Wahlrevolution stehen könnte. Für den Antrag „Demokratie lebt von Beteiligung“ stimmten am Freitag die Abgeordneten von CDU, SPD, Grüne und SSW. Ziel dieses Antrags ist es, die seit Jahrzehnten sinkende Wahlbeteiligung wieder anzuheben. Unter anderem soll geprüft werden, ob die Öffnungszeiten der Wahllokale verlängert wird, ob zusätzlich zum traditionellen Wahlsonntag auch am Montag gewählt werden kann und ob mobile Wahllokale sinnvoll sind, die in Einkaufszentren und an Bahnhöfen aufgebaut werden.

Sprecher aller Fraktionen waren sich einig in der Einschätzung, dass zeitliche Veränderungen beim Wahlvorgang allein nicht ausreichen, um die Wahlmüdigkeit zu bekämpfen. Eka von Kalben, die Fraktionsvorsitzende der Grünen, sagte: „Diejenigen, die das Vertrauen in die Politik verloren haben, die gewinnen wir mit dem Antrag nicht zurück. Aber er ist ein Mosaikstein, ein erster Schritt.“ Der Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) begrüßte die Debatte und fordert die Landtagsabgeordneten auf, selbstbewusster für die Werte und die Qualität der Demokratie einzutreten. Er habe nicht das Gefühl, dass zu harte Debatten im Kieler Landtag zur Wahlmüdigkeit beitragen würden. „Da darf ruhig noch ein bisschen mehr Schmackes reinkommen“, sagte er.

Albig ermahnte auch die Medien, mehr als bisher zu tun. Sie würden zu wenig über Wahlkämpfe berichten, teilweise in Vorwahlzeiten sogar gezielt darauf verzichten. Auch die Kommunalverwaltungen müssten dem politischen Wettstreit mehr Raum geben, so Albig. Auf der Insel Amrum, die sich zur „wahlplakatfreien Zone“ erklärt habe, habe er beim Brötchenkauf eine Verkäuferin gefragt, was sie von der bevorstehenden Landtagswahl halte. „Was für eine Wahl?“, habe die Frau entgegnet. FDP und Piraten lehnten den Antrag ab. Die Piraten setzen stattdessen auf die Erleichterung von Volksabstimmungen. Die FDP, die unlängst aus Verärgerung über das Abstimmungsverhalten der Sozialdemokraten das Pairing-Abkommen aufgekündigt hat, will momentan aus grundsätzlichen Erwägungen nicht gemeinsam mit der SPD votieren.