150 tote Tiere im Oktober. Grippeviren könnten Epidemie auslösen

Sylt/Helgoland. An Schleswig-Holsteins Nordseeküste werden derzeit vermehrt tote oder schwer kranke Seehunde gefunden. „Seit Anfang Oktober sind rund 150 tote Tiere entdeckt worden“, sagt Hendrik Brunckhorst, Sprecher der Nationalparkverwaltung in Tönning. Insbesondere die Küsten der Nordseeinseln Helgoland, Amrum, Föhr und Sylt seien betroffen. Während beispielsweise auf Sylt in der Regel täglich höchstens fünf Tiere tot gefunden würden, seien es derzeit bis zu zwölf.

In Niedersachsen gibt es hingegen bisher keine Anzeichen für ein neues Massensterben. Die Zahl der tot entdeckten Tiere liege im normalen Bereich, heißt es aus dem Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Oldenburg.

Schleswig-Holstein habe ein gutes Frühwarnsystem, sagt Detlef Hansen, Leiter der Nationalparkverwaltung Tönning. „Jetzt hatten wir Signale für eine erhöhte Sterblichkeit bei den Seehunden“, so Hansen. „Unser Managementplan sieht vor, die Ursachen zu ermitteln. Darum wurden sofort tote Tiere an das Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung in Büsum gegeben. Sie werden derzeit dort untersucht.“ Die Experten der Tierärztlichen Hochschule Hannover prüfen dabei, ob Staupe- oder Influenzaviren für den Tod der Tiere verantwortlich sind. Erste Ergebnisse werden im Laufe der Woche erwartet. Auf der dänischen Ostseeinsel Anholt starben im August mehr als einhundert Seehunde. Bei ihnen wurden Influenzaviren gefunden.

Der Gesundheitszustand der Seehunde in Schleswig-Holstein wird seit einer Staupeepidemie im Jahr 1988 regelmäßig geprüft. Damals starben etwa 60 Prozent der Population, die auf nur noch etwa 1500 Tiere schrumpfte. Bei der jüngsten Epidemie im Jahr 2002 starben 40 Prozent, die Population betrug danach gut 4000 Tiere. Mittlerweile gibt es nach aktuellen Bestandsschätzungen wieder rund 12.000 Seehunde in Schleswig-Holstein.

Laut Nationalparkverwaltung haben bei den routinemäßig untersuchten Seehunden die Antikörper gegen Staupe in den vergangenen Jahren abgenommen. Dadurch seien sie für eine neue Epidemie eher empfänglich. Dies sei jedoch normaler Vorgang in einer natürlichen Population.