Energiekonzern klagt zudem auf 380 Millionen Euro Schadensersatz wegen des Atomausstiegs.

Hannover. Am 8. Oktober 1984, auf den Tag genau vor 30 Jahren, kamen die ersten Atommüllfässer vom Kernkraftwerk Stade nach Gorleben ins Zwischenlager für hoch radioaktiven Müll. Jetzt klagt der Energiekonzern E.on vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg mit dem Ziel, die Castor-Transporte ins Wendland wieder aufzunehmen. Der Konzern will auch wegen der hohen Kosten nicht hinnehmen, die letzten 26 Behälter aus Frankreich und England in anderen Zwischenlagern an Standorten von Kernkraftwerken unterzubringen.

Genau dies aber hat der Bundestag als Teil der neuen Endlagersuche beschlossen, bei der Gorleben zwar ein möglicher Standort ist, aber in einem auf Jahrzehnte angelegten Prozess auch die Lagerung in Granit oder Ton statt im Salz geprüft wird. Bei einem Fachgespräch im niedersächsischen Umweltministerium in Hannover wurde zudem deutlich, dass die Standortauswahl deutlich länger dauern wird als eigentlich geplant. Die Fachleute sind sich bislang nicht einmal einig über das Lagerkonzept, schwanken zwischen schneller Einlagerung in tiefen geologischen Schichten einerseits und einer oberflächennahen Lagerung für Hunderte von Jahren in der Hoffnung, dass künftige Generationen über bessere Technologien verfügen für die Endlagerung.

Das Fachgespräch mit dem niedersächsischen Umweltminister Stefan Wenzel und dem Chef des Öko-Instituts Michael Sailer machte auch deutlich, dass der auf Jahrzehnte angelegte Entscheidungsprozess ein neues Problem erzeugt: Die Castor-Behälter in den Zwischenlagern Gorleben und Ahaus, aber auch in den Zwischenlagern an den Standorten der Kernkraftwerke sind nur auf 40 Jahre genehmigt; und selbst die Experten sind nicht in der Lage, zuverlässig zu sagen, welche Reaktionen dort inzwischen passiert sind und ob die Behälter durch die Strahlen mürbe geworden sind.

113 Castoren sind bislang ins Zwischenlager Gorleben gebracht worden, hier steht mit der Pilotkonditionierungsanlage (PKA) auch die einzige technische Einrichtung in Deutschland, die mit den Behältern umgehen könnte. Wenn der Stromriese E.on sich auf dem Gerichtsweg mit dem Standort Gorleben für die 26 noch ausstehenden Castoren aus dem Ausland durchsetzt, ist auch erneut mit massenhaften Protesten zu rechnen. Wolfgang Ehmke, Sprecher der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg: „Wenn die Stromkonzerne an weiteren Transporten festhalten, dann sind wir selbstverständlich wieder auf Straße und Schiene“.

E.on hat bereits eine Klage beim Landgericht Hannover eingereicht. Der Konzern fordert von der Bundesregierung 380 Millionen für das dreimonatige Atom-Moratorium nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima. Dabei geht es um entgangene Gewinne wegen der Abschaltung der Kernkraftwerke Unterweser und Isar 1.