Der Bund der Steuerzahler prangert in seinem Schwarzbuch überflüssige Ausgaben der Verwaltung an

Kiel/Hamburg/Hannover. Man gönnt sich ja sonst nichts: Dieses Motto ist auch Behörden und Verwaltungen in Deutschland nicht fremd. Immer mal wieder geben sie Geld für Dinge aus, die zwar angenehm sein mögen, aber eben auch überflüssig sind. Der Bund der Steuerzahler macht sich einmal im Jahr die Mühe, Beispiele für öffentliche Geldverschwendung in einem Buch zu sammeln. „Schwarzbuch“ heißt es. Der Steuerzahlerbund will damit niemanden anschwärzen. Andererseits sind in der am Dienstag vorgestellten Ausgabe des Buchs durchaus Fälle versammelt, über die man sich schwarzärgern könnte. 106 solcher Fälle aus ganz Deutschland werden beschrieben. Auch die norddeutschen Bundesländer spielen dabei eine unrühmliche Rolle.

Vier Fälle aus Hamburg sind in dem Schwarzbuch vertreten

Hamburg ist gleich mehrfach im Schwarzbuch vertreten: In vier Fällen wirft der Steuerzahlerbund der Verwaltung und dem Senat um Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) Verschwendung in Millionenhöhe vor. „Mit den Beispielen wollen wir ermahnen und den Finger in die Wunde legen“, sagte Lorenz Palte, Vorsitzender des Steuerzahlerbunds in Hamburg. „Die Bürger haben ein Recht darauf, dass ihre Steuern und Abgaben wirtschaftlich verwendet werden.“

Der krasseste Fall in Hamburg bezieht sich auf die Internationale Gartenausstellung 2013, die dem Steuerzahler einen Schaden von 37 Millionen Euro bescherte. Umgerechnet haben somit 6776 Bürger ein Jahr lang Steuern „umsonst“ bezahlt. „Was für Anhänger extravaganter Gartenpracht eine wahre Freude war, entpuppte sich für die Politik als finanzielles Desaster“, heißt es im Schwarzbuch. Ursprünglich hatte die Stadt mit fünf Millionen Besuchern gerechnet, letztlich kam nur eine Million Menschen. Grund seien die hohen Eintrittspreise und das mangelnde Marketingkonzept gewesen.

Beim Umbau des Planetariums im Stadtpark prangert der Steuerzahlerbund eine „astronomische Kostenexplosion“ an: Aus 4,9 Millionen wurden 7,4 Millionen Euro. Im Schwarzbuch heißt es: „Der aufmerksame Steuerzahler bekommt Bauchschmerzen, wenn er hört, dass die Kosten bereits vor Baubeginn aufgrund mangelhafter Planungen explodiert sind.“

An der Kersten-Miles-Brücke ist nach Angaben von Lorenz Palte im wahrsten Sinne des Wortes Steuergeld im Klo versenkt worden. Die Stadt stellte eine Holzhütte als Toilette für Obdachlose auf. Doch diese wurde nicht als solche genutzt und 2014 wieder abgerissen. Palte: „Ein Griff ins Klo – der Schaden beträgt 32.288 Euro.“

Der vierte Fall: Zur Europawahl veröffentlichte der Senat ein aus Steuergeld finanziertes Infoheft. Die Opposition zeigte sich empört, weil sie in der Broschüre ein Wahlkampfmittel der SPD sah. Kritisiert wurde vor allem ein Interview mit Martin Schulz (SPD), Präsident des Europaparlaments. Das Ergebnis: Das Heft wurde eingestampft, eine zweite Auflage in Druck gegeben. Kosten: 5085 Euro. „Eine solche Wahlkampfposse darf sich nicht wiederholen“, sagte Lorenz Palte.

Aus Schleswig-Holstein werden acht Fälle von Verschwendung aufgelistet

Das Land Schleswig-Holstein hat es mit acht Fällen ins Schwarzbuch 2014 geschafft. Die Stadtwerke Wedel sind für eine teure Elektrofahrrad-Pleite verantwortlich. 50 E-Bikes hat das stadteigene Unternehmen angeschafft. Sie können von Touristen und Einheimischen gemietet werden. Doch tut das kaum einer. 2013 gab es nur 900 Ausleihungen, die Einnahmen reichen bei Weitem nicht, um die Kosten zu decken. Für 2014 wird mit einem Verlust von 100.000 Euro gerechnet. In den Jahren zuvor war es ähnlich. Das Experiment soll trotzdem fortgesetzt werden.

In Norderstedt hat sich das stadteigene Spaßbad Arriba nicht lumpen lassen und einen anderen Spaß finanziell gefördert: den am 18. Oktober erstmals stattfindenden Opernball. Den hat das ebenfalls stadteigene Veranstaltungszentrum TriBühne organisiert. Der Bund der Steuerzahler hält das für einen Fall von Quersubventionierung, die zulasten des Steuerzahlers geht. Denn das Spaßbad steckt ohnehin schon tief in den roten Zahlen. Zuletzt lag das jährliche Defizit stets im Bereich von über zwei Millionen Euro. Trotzdem wurden für den Opernball 5000 Euro gespendet. Gegenüber dem Abendblatt hatte Stadtwerke-Chef Jens Seedorf vor Wochen bekundet, dass man zur Unterstützung des Opernballs stehe. Seedorf stellte aber infrage, ob das Arriba-Bad die richtige Sparte des Unternehmens für das Sponsoring gewesen sei. Geschäftsführer Theo Weirich verteidigte das Sponsoring gerade mit Blick auf das Defizit als Marketing, dessen Wirkung mit einer Anzeige nie hätte erzielt werden können.

In Kiel ist ein weiteres Beispiel für Geldverschwendung zu beobachten. „Hiev“ heißt es – es ist ein Schwimmkran der Deutschen Marine. Im Unterschied zu vielen anderen Geräten der Landesverteidiger ist er derzeit einsatzfähig. Für 13 Millionen Euro wurde er 2009/2010 saniert. Doch nun soll er versteigert werden, weil er nach Einschätzung der Marine nicht mehr benötigt wird. Wäre diese Erkenntnis ein bisschen früher gereift, hätte der Bund 13 Millionen Euro sparen können.

Zwölf Fälle aus Niedersachsen hat der Steuerzahlerbund gesammelt

Aus Niedersachsen stammen zwölf Schwarzbuch-Fälle. Die Stadtwerke Uelzen hatten sich ein besonders kühnes Geschäft ausgedacht. Gemeinsam mit den Stadtwerken Schwäbisch Hall pachteten sie Ackerland in der Ukraine und bauten Raps und Weizen an. Ein Gewinn war damit allerdings nicht zu erzielen. 2014 verkauften die beiden Stadtwerke ihre ukrainischen Unternehmen. Verlust für Uelzen: 7,5 Millionen Euro.

In Walsrode sorgte in diesem Jahr eine ungewöhnliche Fortbildungsmaßname für Schlagzeilen. Die dortige Bürgermeisterin Silke Lorenz durfte sich monatelang einem Studium für europäisches Verwaltungsrecht widmen. Als Bürgermeisterin arbeitete sie nicht mehr, dennoch bekam sie ihr Bürgermeistergehalt: Laut Steuerzahlerbund waren es 7566 Euro pro Monat. Der Stadtrat wollte sich auf diese Art und Weise eine weitere Zusammenarbeit mit der unerwünscht gewordenen Lorenz ersparen. Ende September endete ihre achtjährige Amtszeit. Für einen neuen Job dürfte sie dank ihres Studiums gut vorbereitet sein. Die Kosten trägt der Steuerzahler.

In Mecklenburg-Vorpommern sorgt ein Brückenpoller häufig für Ärger

Mecklenburg-Vorpommerns berühmtester Poller steht in Greifswald. Im Stadtteil Wieck verhindert er, dass die dortige Klappbrücke befahren werden kann, ohne zuvor den Brückenzoll von 50 Cent bezahlt zu haben. Wird er entrichtet, versinkt der Poller in der Straße. Aber seit Jahren macht die Technik Probleme. Hin und wieder fährt der Poller auch dann hoch, wenn sich über ihm ein Auto befindet. Folge: Poller und Auto sind beschädigt. Auch der Einbau eines 120.000 Euro teuren Hindernisses aus Italien, das auch vor dem Buckingham-Palast in London zum Einsatz kommt, hat nichts geholfen. Der Königspoller bleibt ein finanzielles Ärgernis.