Innenminister schätzt, dass mindestens 15 Männer aus Niedersachsen für die Terrormiliz IS kämpfen

Hannover. Mit Hannover, Braunschweig, Hildesheim und Osnabrück gibt es in Niedersachsen mehrere Zentren der militanten Salafisten. Innenminister Boris Pistorius (SPD) schätzt, dass mindestens 15 meist junge Niedersachsen für den Islamischen Staat (IS) im Irak oder Syrien kämpfen. „Die Szene wächst, die Salafisten sind erfolgreich“, sagte Pistorius im Landtag in Hannover. Er geht von rund 330 Salafisten in diesem Bundesland aus, von denen der größere Teil der politischen Strömung zuzuordnen sei, „die zumindest vordergründig Gewalt ablehnt“.

In der Debatte über die Antwort auf eine Große Anfrage der CDU über Salafismus musste sich die Landesregierung auch harsche Kritik der Opposition gefallen lassen, weil sie die beim Verfassungsschutz angesiedelte Präventionsarbeit inklusive Anlaufstelle für junge Aussteiger aus der Szene nach dem Machtwechsel 2013 eingestellt hat. Die CDU-Abgeordnete Angelika Jahns hielt Pistorius und Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) vor, es gebe keine ausreichenden Beratungsangebote im Land: „Aber die schulden wir den Eltern der Kinder, die in den Islamismus abrutschen, jedes Zaudern kann Menschenleben kosten.“ Eine Beratungsstelle für Eltern gebe es in Niedersachsen derzeit nicht, verwiesen würden diese auf eine solche Einrichtung in Bremen.

Auch der FDP-Abgeordnete Stefan Birkner kritisierte, anderthalb Jahre nach dem Regierungsantritt gebe es noch kein Handeln der Landesregierung, sondern nur Ankündigungen: „Bei der islamistischen Extremismusbekämpfung hat Rot-Grün versagt.“ Er kritisierte auch, dass die Antwort auf die Anfrage zwar die großen Gefahren durch Salafismus nicht leugne, aber auch zeige, dass es Erkenntnisdefizite gebe, etwa bei der Finanzierung der Gruppen: „Niedersachsen steht gegenüber der Gefahr des Salafismus heute blank da, hier muss umgesteuert werden.“ Angesichts der aktuellen Bedrohungslage handele die Regierung in Hannover „fahrlässig und unverantwortlich“. Fast wortgleich hielten dagegen Pistorius und Rundt der CDU und der FDP vor, sie hätten bis Anfang 2013 ohne Not viele islamische Gruppen vor den Kopf gestoßen und stigmatisiert. Innenminister Pistorius wehrte sich auch gegen den Vorwurf, das Land zögere fahrlässig: „Ich stelle fest, dass die Landesregierung den Salafismus als mehrdimensionales Problem längst erkannt hat und auch bereits handelt.“

Sozialministerin Cornelia Rundt versicherte, unter Einbeziehung islamischer Verbände und mithilfe wissenschaftlicher Expertise des Instituts für Islamische Theologie der Universität Osnabrück werde das Konzept einer Beratungsstelle entwickelt mit einem eigenen Trägerverein statt einer staatlichen Stelle oder den Religionsgemeinschaften. Wörtlich sagte sie: „Das ist wichtig für die Akzeptanz bei den Betroffenen, ihren Familien, Freunden und Bekannten.“ Ziel müsse es sein, nachhaltige Wege aufzuzeigen für eine Abwendung von gewaltbezogener und extremistischer Ideologie mit Reintegration in die Gesellschaft.