Vermisstes Mädchen aus Itzstedt fuhr freiwillig mit 63-jährigem Nachbarn nach Süddeutschland.

Itzstedt/Rastatt. Eine Woche hat Kerstin Q. aus Itzstedt (Kreis Segeberg) verzweifelt nach ihrer vermissten 15-jährigen Tochter gesucht. Nach zahllosen Aufrufen bei Facebook und erfolglosen Ermittlungen der Kriminalpolizei führte die Spur führte nach Rastatt in Baden-Württemberg. Korinna Q. saß leicht bekleidet in einem Wohnwagen. Ein 63-jähriger Nachbar aus Itzstedt hatte sie offenbar dazu überredet, Männern ihre Dienste anzubieten.

Das Mädchen soll am 8. September freiwillig mit dem Nachbarn davongefahren sein, den sie auf dem Itzstedter Campingplatz kennenlernte. Dort lebten Korinna und ihre Mutter in einem Campingwagen. Auch beim Anbieten sexueller Dienste der 15-Jährigen übers Internet waren offenbar weder psychischer Druck noch Gewalt im Spiel. „Davon ist uns nichts bekannt“, sagt Polizeisprecher Patrick Bergmann.

Haftbefehl gegen 63-Jährigen wegen Förderung sexueller Handlungen

Der Nachbar vom Campingplatz sitzt jetzt aber in Untersuchungshaft. „Gegen den 63-Jährigen ist inzwischen Haftbefehl wegen des Verdachts der Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger erlassen worden“, sagte Michael Klose, Sprecher der Staatsanwaltschaft Baden-Baden. „Nach den bisherigen Erkenntnissen hat sich das Mädchen gegen Bezahlung mit Männern eingelassen, möglicherweise auch in Hamburg.“

Die Suche nach dem Mädchen entwickelte sich zu einem filmreifen Krimi. Die 15-Jährige verschwand auf dem Weg von Itzstedt zur Schule in der Nachbargemeinde Nahe. Die Reise in den Süden war geplant. In der Schule hatte sich Korinna krank gemeldet.

Nach dem Verschwinden ihrer Tochter rief Kirstin Q. über das soziale Netzwerk Facebook zur Suche nach Korinna auf. „Mit aller Wahrscheinlichkeit ist sie mit einem Nachbarn weggefahren, wahrscheinlich irgendwo auf einem Campingplatz, vielleicht auch in Richtung Hamburg“, hatte Kirsten Q. geschrieben. Der Aufruf wurde mehr als 100.000-mal geteilt, vermutlich haben Millionen Menschen Text und Foto der Vermissten gesehen.

Die Polizei sah zunächst noch keinen Grund für eine Öffentlichkeitsfahndung. „Wir haben ermittelt“, sagt Sandra Rüder von der Polizeidirektion Bad Segeberg. „Wir sind aber nicht von einer Straftat ausgegangen.“ Nach Abendblatt-Informationen wurde auch überprüft, ob der 63-jährige Nachbar vorbestraft ist. Doch der Mann galt als unbescholten. Möglicherweise hat die Segeberger Kriminalpolizei deshalb nicht intensiver ermittelt, wo Korinna sich aufhält.

Der „Bild“-Zeitung sagte die Mutter, ein Anrufer habe sie auf eine Sexplattform hingewiesen, auf der sie dann drei Fotos ihrer Tochter gefunden habe – „im BH, im Minikleid und oben ohne!“ In einem Text habe sich ihre Tochter als 19-Jährige ausgegeben und sexuelle Dienste in einer Auktion meistbietend angeboten.

Die Mutter und Verwandte boten bei der Sex-Auktion mit und erhielten für 180 Euro den Zuschlag. Das Treffen sei für Sonntag um 14 Uhr in Rastatt vereinbart worden, berichtete „Bild“ weiter. Als die Verwandten aus Itzstedt auf dem Campingplatz in Rastatt den Mercedes und den Wohnwagen entdeckten, riefen sie die Polizei.

Es handelte sich nicht um eine Befreiungsaktion, sagt der Staatsanwalt

Staatsanwalt Klose bestätigte den Trick, den die Angehörigen einsetzten, um die Minderjährige zu finden. Das Mädchen sei offensichtlich nicht entführt oder gefangen gehalten worden. „Es handelte sich nicht um eine Befreiungsaktion.“ Die Polizisten hätten das Mädchen am Sonntag in den Morgenstunden „wohlbehalten“ in dem Wohnwagen entdeckt. Es sei zunächst in die Obhut der Behörden gekommen.

Neben dem Verdacht der Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger könnte laut Klose auch der Straftatbestand des Entziehens Minderjähriger vorliegen. „Dafür müssten aber die Erziehungsberechtigten Strafantrag stellen, dieser liegt bisher nicht vor.“