Immer mehr Firmen sichern sich zwischen Nord- und Ostsee Rechte an Rohstofffeldern. Dagegen gibt es Widerstand

Kiel/Elmshorn. Die Claims sind abgesteckt, die Suche kann beginnen: An immer mehr Orten in Schleswig-Holstein sichern sich Unternehmen der Energiebranche die Rechte an potenziellen Ölfeldern. Wenn die bergrechtliche Genehmigung vorliegt, dürfen Konzerne wie RWE-Dea, aber auch mittlere und kleinere Firmen wie die kanadische PRD Energy oder die norwegische Central Anglia Öl suchen, fördern dürfen sie noch nicht. Dafür sind weitere Anträge und dann die technische Infrastruktur nötig. Dennoch sorgen sich die Bürgermeister von Pinneberg über Elmshorn, Bad Bramstedt, Schwarzenbek und Leezen bis nach Damp an der Ostseeküste um das Grundwasser, das schon durch Vorarbeiten verschmutzt werden könnte.

Bis gefördert wird, dauert es noch eine Weile. Die sogenannte Aufsuchungserlaubnis ist nur der erste Schritt. Derzeit gibt es eine solche für sieben Erkundungsfelder in Schleswig-Holstein, drei weitere sind nach Angaben des zuständigen Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume beantragt. Ähnlich sieht es mit den Bewilligungen aus, von denen es fünf gibt; ein Antrag ist noch offen. Mit einer sogenannten Aufsuchungserlaubnis darf ein Unternehmen nach Öl suchen. Mit einer Bewilligung sichern sich Firmen exklusiv das Recht, in einem festgelegten Gebiet Rohstoffe zu gewinnen und Eigentum an ihm zu erwerben. Technische Maßnahmen sind bei beiden dieser sogenannten Bergbauberechtigungen ausgeschlossen, stellt das zuständige Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie mit Sitz in Hannover fest. Bewilligungen liegen derzeit für den Raum Kiel vor, wo bereits früher Erdöl gefördert wurde. Die Unternehmen RWE-Dea und PRD Energy prüfen derzeit, ob sich eine weitere Förderung lohnt.

Gegner des möglichen neuen Ölbooms fürchten, dass dafür auch das umstrittene Fracking angewendet wird, mit dem sowohl Erdgas als auch Erdöl gewonnen werden kann. Dabei wird unter hohem Druck Wasser durch das Bohrloch in den tieferen Untergrund gepumpt, und es entstehen Risse. So können Gas und Öl leichter zum Bohrloch fließen. Das Wasser ist in der Regel mit chemischen Zusätzen versetzt, die wiederum das Grundwasser gefährden können. Geht es nach dem Kieler Energiewende-Ministerium, wird es so weit nicht kommen. Die Landesregierung lehnt Fracking ab, sagt Sprecherin Nicola Kabel. Sie verweist auf eine Bundesratsinitiative mit Hessen und Baden-Württemberg, mit der ein bundesweites Fracking-Verbot erreicht werden soll. „Wir wollen keine neuen Technologien, die das fossile Angebot mit hohen ökologischen Risiken nur billiger machen und dadurch das Zeitalter der fossilen Brennstoffe unnötig verlängern“, sagt Minister Robert Habeck (Grüne).

Die Suche nach Öl geht indes weiter. Im Raum Schwansen nördlich von Eckernförde an der Ostsee hat das norwegische Unternehmen Central Anglia eine Aufsuchungserlaubnis beantragt. Gleiches gilt für das Feld Leezen, das sich von Bargfeld-Stegen im Kreis Stormarn bis kurz vor Malente im Kreis Ostholstein erstreckt. In beiden Fällen gibt es zurzeit Anhörungen der betroffenen Gemeinden. Deswegen wurde jüngst der Antrag von Central Anglia bekannt, obwohl Gemeinden zur Geheimhaltung verpflichtet sind. „Nach geltendem Recht können wir nicht so viel öffentlich machen, wie wir wollen“, sagt Ministeriumssprecherin Kabel. „Die Unternehmen stehen in Konkurrenz zueinander, und wenn etwas öffentlich wird, könnte eines von der Vorarbeit des anderen profitieren.“ Schleswig-Holstein setze sich im Bundesrat für eine Änderung des Bundesbergrechts ein, um mehr Transparenz zu ermöglichen.

Der Hauptanteilseigner von Central Anglia, der Geologe Reinhard Gast aus der Gemeinde Mittelangeln im Kreis Schleswig-Flensburg, erklärt, warum sein Unternehmen bereits aufgegebene Ölfelder wieder in den Blick nimmt. Er erwarte zwar kleine Vorkommen, durch den hohen Ölpreis rechne sich das vermutlich aber dennoch.

Grafik zum Großklicken