Ex-Bürgermeisterkandidat von Fockbek hat den Finanzbeamten in Rendsburg erschossen. Die Tat hat erneut die Diskussion um die Sicherheit in Behörden entfacht. In Fockbek ist man geschockt.

Kiel/Rendsburg. Nach den tödlichen Schüssen auf einen 58-jährigen Mitarbeiter im Finanzamt Rendsburg hat die Staatsanwaltschaft gegen den festgenommenen Olaf L. Haftbefehl beantragt. Der 55-jährige Diplom-Kaufmann, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Ex-Bürgermeisterkandidat aus dem Nachbarort Fockbek wird Mord vorgeworfen. Ein in seinem Haus gefundener Brief könnte Aufschluss über das Motiv der Tat geben. Danach machte der Steuerberater das Finanzamt für seine finanzielle Misere verantwortlich. Die Tat hat erneut die Diskussion um die Sicherheit in Behörden entfacht.

Nach Erkenntnissen der Kripo hatte der Steuerberater im Streit mit dem Sachgebietsleiter eine Pistole gezogen und mehrfach mit einer Beretta, die der Jäger legal als Fangschusswaffe besaß, auf den Mann gefeuert. Dieser erlag im Krankenhaus seinen Verletzungen. Olaf L. ließ sich noch am Tatort festnehmen. Der Mann, der seit einem Unfall im Rollstuhl sitzt, war am Montagmorgen mit seinem Wagen von seinem rund vier Kilometer entfernten Büro- und Wohnhaus an der Hauptstraße in Fockbek ins Finanzamt gefahren. Gegen 10 Uhr kam es zu der Tragödie. In dem Haus in Fockbek fanden Polizisten auch den Brief, der an die Ex-Frau des 55-Jährigen gerichtet ist.

In Fockbek ist man geschockt. Olaf L., der als Querulant und Nörgler gilt, ist dort gut bekannt. L., der 1985 sein Studium der Betriebswirtschaftslehre mit magna cum laude abgeschlossen haben will, hat nach Stationen in Rendsburg und Büdelsdorf seit 1998 in dem Ort sein Büro. Politisch war er Jahrzehnte aktiv. Erst für die CDU, dann für die FDP, für die er im Gemeinderat saß und für die er sich im vergangenen Jahr in Fockbek unter dem Slogan „Entschlossen, vernünftig, klar“ als Bürgermeister beworben hatte. Die etwa 5300 wahlberechtigten Fockbeker ließen ihn durchfallen. Olaf L. bekam nur 2,05 Prozent der Stimmen.

Nach Ansicht von Schleswig-Holsteins Innenminister Andreas Breitner (SPD) gehört jetzt die Sicherheit in Behörden auf den Prüfstand. „Alles andere wäre geradezu verantwortungslos.“ Es sei ein Spagat, offene, barrierefreie Behörden anzustreben und zugleich mit Schutzmaßnahmen oder Besucherkontrollen für mehr Sicherheit der Mitarbeiter zu sorgen. Es gehe um die Behörden, die stark eingreifen ins Lebensumfeld von Menschen, sagte Breitner und nannte Jobcenter, Gerichte, Finanzämter und Kommunalverwaltungen. „Unsere Gerichte sind schon recht gut gesichert, aus guten Gründen.“ Jetzt werde man sich auch der Finanzämter annehmen. „Wenn wir zusätzliche Barrieren aufbauen und Hürden erhöhen, dann geht das natürlich zulasten der Bürgernähe – bisher wollen wir das in Schleswig-Holstein nicht.“

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