Schleswig-Holstein stellt Vertrauensmann vor. Wer Unregelmäßigkeiten bemerkt, kann ihn anrufen

Kiel. Der schleswig-holsteinische Landwirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will die Nutztierhaltung auf den Prüfstand stellen. „Die Öffentlichkeit wird über die real existierenden Bedingungen bei der Fleischproduktion getäuscht“, sagte er am Dienstag bei der Vorstellung eines „Vertrauensmannes für den Tierschutz in der Landwirtschaft“. Edgar Schallenberger wird diese neu geschaffene ehrenamtliche Aufgabe übernehmen. Schallenberger ist emeritierter Professor der Universität Kiel. Er hat am Institut für Tierzucht und Tierhaltung gelehrt. Der Vertrauensmann (Telefon 0160/551 87 77) soll Ansprechpartner für diejenigen sein, denen Regel- und Gesetzesverstöße bei der Fleischproduktionen auffallen, also für Beschäftigte in dieser Branche.

Habeck ist offenbar der Ansicht, dass bei der Nutztierhaltung einiges schiefläuft. Offen sagen möchte er das allerdings nicht. Je genauer er sich das Gesamtsystem ansehe, desto weniger verstehe er es, sagt er stattdessen. Es bilde nicht das ab, was die Öffentlichkeit erwarte. „Wo bleiben die Gewinne in diesem System?“, frage er sich. Jedenfalls nicht beim Landwirt. „Außerhalb der Grillsaison ist mit Schweinefleisch fast kein Gewinn mehr zu machen“, sagte der Minister. Dennoch unterließ er es, höhere Preise zu fordern – aus Furcht vor „Empörungsrhetorik“. „Habeck macht das Grillfleisch teuer“: Eine solche Schlagzeile könne dann das Ergebnis sein.

Der Vertrauensmann wird an den Produktionsbedingungen nichts ändern können. Aber er kann Erkenntnisse über das System und seine Fehler sammeln und dem Minister damit beratend zur Seite stehen. Schallenberger wurde am Dienstag deutlicher als Habeck. Er forderte ausdrücklich „auskömmliche Produktpreise“. „Der Landwirt ist nicht der Buhmann“, sagte er. Mit dem Begriff „Massentierhaltung“ könne er nichts anfangen. „Ein alter Stall mit 20 Kühen kann viel schlimmer sein als ein großer Zuchtbetrieb mit 2000 Kühen“, weiß der Professor.

Habeck hat den Eindruck, dass das Thema Tierhaltung zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit rückt. Im Frühjahr hatte er den Schlachthof Bad Bramstedt wegen Hygienemängeln und Verstößen gegen Tierschutzrichtlinien kurzzeitig schließen lassen. Seine Staatssekretärin Silke Schneider durchleuchtet gerade das staatliche Kontrollsystem auf Schlachthöfen, das als fehleranfällig gilt. Habeck selbst will bei der in zwei Wochen beginnenden Norla, der großen landwirtschaftliche Fach- und Verbraucherausstellung in Rendsburg, die Tierhaltung zum Thema seiner Rede machen. „Die Landwirtschaft wird geradezu zerrieben zwischen dem Anspruch der Öffentlichkeit, Tierhaltung anders zu machen, und der wirtschaftlichen Unmöglichkeit, diesen Anspruch zu erfüllen“, sagte er.