Beide wollen Wassersportwettbewerbe austragen, wenn Spiele 2024 oder 2028 nach Deutschland kämen. Diese Woche Treffen mit Hamburger Senator.

Lübeck/Kiel. Sie soll vom Lübecker Yacht-Club nur wenige Hundert Meter Luftlinie entfernt sein, wenn sie in drei oder vier Jahren fertig ist: die Ferienanlage Waterfront auf der Halbinsel Priwall an der Travemündung. Dieser Komplex mit 1800 Betten wird einmal internationale Aufmerksamkeit finden, wenn es nach Lübecks Bürgermeister geht. Bernd Saxe (SPD) möchte die Priwall-Waterfront im Jahr 2024 oder spätestens 2028 zum Olympischen Dorf machen. Die doppelte Nutzung von Bauten gehört zum Konzept der Hansestadt, mit dem diese sich für die Segelwettbewerbe der Olympischen Spiele bewerben möchte.

Sowohl Hamburg als auch Berlin wollen die Olympischen Spiele austragen, in diesem Zuge muss auch ein passender Ort für die Segel- und Surfwettbewerbe gefunden werden. Das könnte Lübeck sein. „Wie setzen auf Nachhaltigkeit“, sagt Saxe. „Olympiaruinen“, die nach den Spielen nicht mehr genutzt würden, werde es in der von ihm regierten Stadt nicht geben.

Den Wunsch Lübecks, die Segelwettbewerbe im Travemünder Hafen auszutragen, wird Saxe Ende der Woche bei einem Treffen mit dem Landessportverband, dem Deutschen Olympischen Sportbund sowie Schleswig-Holsteins Innenminister Andreas Breitner (SPD) und Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD) bekräftigen. Mit dabei: Kiels Bürgermeister Peter Todeskino (Grüne), der Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) vertritt. Auch in Kiel wünscht man sich den Zuschlag für die Wettbewerbe.

Die Landeshauptstadt wirbt dafür vor allem mit ihrer Erfahrung: Bereits zweimal wurden Olympische Spiele/Segeln in Kiel ausgetragen, 1936 und 1972. Für Letztere wurde seit Ende der 60er-Jahre das Olympiazentrum Schilksee gebaut. „Kiel ist der natürliche Partner für die Ausrichtung der Olympischen Segelwettbewerbe bei einer deutschen Olympiabewerbung“, sagt Oberbürgermeister Ulf Kämpfer auf Abendblatt-Anfrage. Da Kiel weltweit die Nummer eins im Segelsport sei, wolle man die Veranstaltung nun zum dritten Mal zu sich holen.

Die Entscheidung für Kiel oder Lübeck soll die schleswig-holsteinische Landesregierung fällen, Hamburg will sich wohl heraushalten. Während die Landeshauptstadt mit ihrem Bekanntheitsgrad und der Kieler Woche punkten kann, könnte Lübeck beispielsweise – bei einer Entscheidung für die Spiele in Hamburg – mit kurzen Wegen zum Hauptaustragungsort überzeugen.

In Lübeck setze man auf „ökologische Vernunft“, sagt Bürgermeister Saxe, der drei wesentliche Punkte nennt, die für die Bewerbung wichtig seien. „Wir brauchen ein olympisches Dorf, das mit der Priwall-Waterfront sowieso entsteht, außerdem werden einige Instandsetzungen nötig sein. Drittens würden wir am Mövenstein ein Segelzentrum bauen.“ Dieses könne im Anschluss als Ausbildungszentrum für Jugendliche genutzt werden, bekräftigt Frank Schärffe, Geschäftsführer der Travemünder Woche. Nach seinen Worten könne man in Lübeck die Olympischen Spiele „ohne Weiteres“ bewältigen. „Immerhin richten wir seit Jahren die Travemünder Woche aus, dafür wurde der Yacht-Club eigens gegründet. Die Teilnehmerzahl bei dieser Veranstaltung ist dreimal so hoch wie bei den Olympischen Spielen“, sagt Schärffe. Bei diesen würden etwa 300 Boote an den Start gehen. Die Travemünder Woche ist mit zuletzt rund 900.000 Besuchern und 1800 Teilnehmern die zweitgrößte Segelveranstaltung der Welt.

Mehr Gäste (drei Millionen) und Segler (4000) verzeichnet nur die Kieler Woche. „In der Kieler Woche und bei vielen anderen international hochrangigen Segelsportereignissen beweist die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt jedes Jahr aufs Neue ihre Olympiatauglichkeit“, sagt Kämpfer. Der Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Kiel, Klaus-Hinrich Vater, hatte schon Anfang des Jahres Unterstützung für die Olympischen Spiele bekundet. „Ich bekenne ganz klar: Kiel ist für dieses bedeutendste Sportfest der Welt im Norden der geborene Partner bei den Segel- und Surfwettbewerben“, sagte Vater. Die Wirtschaft werde alles in ihrer Macht stehende tun, um als verlässlicher Partner zur Verfügung zu stehen.

Die Verantwortlichen in Lübeck geben sich ebenso zuversichtlich. „Wir haben in Travemünde den Vorteil, dass wir die Wettbewerbe sehr gut sichtbar nah an Land austragen können“, sagt Saxe, der bei der Rotspon-Regatta der Travemünder Woche Ulf Kämpfer herausgefordert hatte. Saxe verspricht sich von den Olympischen Spielen in Lübeck „weltweite Standortwerbung“.

Auch Lübeck hat die Unterstützung der Industrie- und Handelskammer. „Wir erkennen an, dass die Landeshauptstadt Kiel ihre Leistungsfähigkeit bereits 1972 unter Beweis gestellt hat“, sagt Lars Schöning, Hauptgeschäftsführer der IHK zu Lübeck. „Entlang der Ostseeküste gibt es noch weitere geeignete Standorte. Lübeck-Travemünde besitzt für die Segelsportwettkämpfe eine mindestens genauso große Attraktivität wie Kiel und ist zudem ein Standort in der Metropolregion Hamburg.“

Geschäftsführer Frank Schärffe bezeichnet die Möglichkeit, die Olympischen Spiele ausrichten zu können, als „Sahnehäubchen“ nach vielen Jahren Travemünder Woche. „Das Positive an der Lübecker Bucht ist, dass wir sehr kurze Distanzen zwischen Land und Regattabahnen haben. Diese sind teilweise in 20 Minuten erreichbar.“ Zudem sei der Berufsverkehr weniger intensiv als in der Kieler Förde. Und: „Wir haben hier ein sehr geschütztes Revier, können bei jedem Wetter segeln.“ Das sei nicht nur „ein Traum“, sondern vor allem ein entscheidender Vorteil gegenüber dem Segelrevier in Warnemünde, das ebenfalls im Rennen wäre, sollten die Olympischen Spiele in Berlin ausgetragen werden. 2012 hatte sich Leipzig erfolglos als Austragungsort mit dem Segelrevier Warnemünde beworben.

Die Hansestadt Hamburg hat ihre Einwohner bereits aufgefordert, sich auf der Internetplattform www.hamburg.de mit Ideen und Kritik zum Thema Olympische Spiele einzubringen. Auch Saxe sagt, er wolle sich der Unterstützung der Bürger versichern. „Eine solche Veranstaltung kann man gar nicht ohne die Beteiligung der Einwohner realisieren.“