Geringe Schadstoffbelastung in Schleswig-Holstein. Ausnahmen sind Straßen in Norderstedt, Ratzeburg und Kiel

Norderstedt. Die Luft ist gut in Schleswig-Holstein und ein Pfund, mit dem der Norden beim Kampf um Touristen erfolgreich wirbt. An Nord- und Ostsee voller Sauerstoff, würzig und rein auf dem platten Land und sogar so klar, dass man die Altstadt von Lübeck aus luftiger Höhe erkennen kann. Und für die saubere Luft im Norden gibt es jetzt einen Beweis: Das Land hat gemessen, wie stark und wo die Luft mit Schadstoffen belastet ist. Danach waren im Vorjahr nur wenig Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Benzol festzustellen. Auch Feinstaub und Ozon bleiben unter den Grenzwerten. Das gilt sowohl für den ländlichen Raum als auch für die Städte. Auch in Lübeck, wegen des Holstentors, Marzipans und des Buddenbrook-Hauses einer der Tourismusmagneten, müssen sich Bewohner wie Besucher keine Sorgen um ihre Gesundheit machen.

„So erfreulich die Mess- und Prüfergebnisse in weiten Teilen auch sind, sie dürfen nicht dazu führen, dass wir in unserem Bemühen, die Schadstoffbelastung zu reduzieren, nachlassen“, sagt Umweltminister Robert Habeck (Bündnis90/Die Grünen). Dabei dürfte er vor allem drei Städte im Blick haben, in denen mehr Stickstoffdioxid in der Luft gemessen wurde als die Europäische Union in ihren Qualitätsrichtlinien für die Luft erlaubt: Norderstedt, Ratzeburg und Kiel. Betroffen ist jedoch nicht der gesamte Stadtbereich, sondern nur jeweils ein Verkehrsschwerpunkt. In Norderstedt zum Beispiel wird der Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft an der Ohechaussee überschritten, die Luftmessstation hat 2013 einen Durchschnittswert von 43 Mikrogramm ermittelt. Eine erhöhte Konzentration kann die Gesundheit schädigen, die Schleimhäute und die Lunge angreifen. Auch chronischer Husten, eine chronische Bronchitis sowie eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Atemwegsinfekten können die Folge sein. Besonders gefährdet sind Kinder und Jugendliche.

Die aktuellen Messergebnisse aus Norderstedt bestätigen die Zahlen der vergangenen Jahre. Seit 2006 wird in dem mehr als 100 Meter langen Bereich der Ohechaussee zwischen Ochsenzoller Straße über die Ulzburger Straße hinaus bis in die Segeberger Chaussee der Grenzwert an Stickstoffdioxid überschritten. Begünstigt wird die hohe Belastung durch die Bebauung – mehrstöckige Häuser auf beiden Seiten der Ohechaussee bilden eine Schlucht, aus der der Schadstoff nicht so leicht entweichen kann wie bei flachen Gebäuden oder in unbebautem Gelände.

Als Hauptquelle haben Stadt und Land den Verkehr ausgemacht. Durchschnittlich passieren rund 25.000 Fahrzeuge den Verkehrsknoten im Süden der Stadt, zu Spitzenzeiten sind es 40.000. Die Kreuzung zählt zu den am stärksten befahrenen in Schleswig-Holstein. Wesentliche Verursacher von Stickstoffdioxid sind Lastwagen, die Stickstoffmonoxid in die Luft pusten, das sich in komplexen chemischen Prozessen zu Stickstoffdioxid wandelt. Da der kritische Wert seit Jahren überschritten wird, ist die Stadt verpflichtet, einen Luftreinhalteplan zu erarbeiten. Dieser Auflage ist Norderstedt 2013 nachgekommen.

Stadt und Ministerium setzen auf den Ausbau des Verkehrsknotens Ochsenzoll, der den Verkehrsfluss erhöhen und die Staus abbauen soll – gerade Stop-and-go-Verkehr zu den Hauptverkehrszeiten erhöht den Anteil an Stickstoffdioxid. Zum 1. November 2013 wurde der neue Knotenpunkt eingeweiht, die alte Ampelkreuzung wurde durch einen Tunnel in Nord-Süd- und einen zweispurigen Kreisverkehr in Ost-West-Richtung ersetzt. Zwar werde der Verkehr bis 2015 noch geringfügig zunehmen. Doch da er deutlich besser fließen wird, werde auch die Stickstoffdioxid-Konzentration unter den von der EU verfügten Grenzwert sinken. „Bisher konnte sich die Baumaßnahme noch nicht auswirken. Wir brauchen das Jahr 2014 als Referenzjahr. Dann werde wir sehen, ob die Prognose eintrifft“, sagt Hauke Borchardt, Sprecher der Norderstedter Stadtverwaltung.

In Ratzeburg wird der Grenzwert mit 43 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft an der Langenbrücker Straße überschritten. Spitzenreiter ist Kiel, wo am Theodor-Heuss-Ring 67 Mikrogramm Stickstoffdioxid gemessen wurden. Relativ hoch sind die Werte auch an der Lindenstraße in Itzehoe (40 Mikrogramm) und am Damm in Pinneberg (39 Mikrogramm).

Die Werte aller 14 Messstationen finden Sie im Internet unter www.luft.schleswig-holstein.de