Vom kleinen Ausflugslokal zum renommierten Luxushotel: Das Waldhaus Reinbek feiert heute 50-jähriges Bestehen. Hier nächtigten schon Heino Ferch, Oliver Kahn und Gudrun Landgrebe.

Reinbek. Michael Ballack und Heino Ferch haben im selben Zimmer geschlafen. Karl-Heinz Rummenigge und Gudrun Landgrebe auch. Die Messingplaketten an den Zimmertüren, die auf prominente Gäste hinweisen, sind eines der Markenzeichen im Waldhaus Reinbek. Sie bleiben jedoch die einzige kleine Indiskretion, die sich das Fünf-Sterne-Hotel erlaubt – und das auch nur mit Zustimmung der Promis. Dieter Schunke ist aber Schelm genug, dass er bei der Führung durch das Haus noch die Zusatzinformation gibt, eine als Stammkundin bekannte Dame lege Wert darauf, immer das Zimmer zu buchen, in dem einst Olli Kahn nächtigte.

Das Waldhaus ist ein Hotel und Restaurant, in dem sich alles um die Gäste dreht. Am heutigen Montag aber wird das ausnahmsweise anders sein – dann nämlich stehen Christa und Dieter Schunke im Mittelpunkt. Mit einem Empfang feiert das Ehepaar sein 50. Jubiläum als Betreiber des Luxushotels an der Loddenallee, dessen markante Fassade mit dem überdimensionierten Dach und den vielen, über drei Etagen verteilten Gauben zu den ersten Adressen im südlichen Stormarn zählt.

So unverwechselbar wie heute sieht das Gebäude erst seit etwa 20 Jahren aus. Auch das ist ein Verdienst von Christa und Dieter Schunke und Teil ihrer Erfolgsgeschichte, die Anfang der 60er-Jahre am Neuen Wall begann. Sie hatte Schwierigkeiten beim Einparken ihres ersten Autos – er, der Münchner auf Landgang, der auf der „Hanseatic“ als Koch arbeitete, leistete erste Hilfe. Die beiden wurden rasch ein Paar, und Dieter Schunke wechselte nach Hamburg ins Atlantic, um ihr nahe zu sein. Doch die Kauffrau und der Hotelangestellte mit Spätschichten arbeiteten aneinander vorbei, sodass sie beschlossen, etwas Gemeinsames zu machen. Das frisch verheiratete Paar fand schließlich 1964 ein gemütliches Ausflugslokal mit Kegelbahn, das vom örtlichen Schützenverein auf zunächst zehn Jahre gepachtet wurde: das Waldhaus Reinbek.

„Wir waren Anfang 20 und die jüngsten Gastronomen in Schleswig-Holstein. Das war ein ziemliches Risiko. Das Waldhaus war ein Ausflugslokal mit vier Fremdenzimmern und Schnitzelgastronomie – und ziemlich heruntergekommen“, sagt Dieter Schunke. Die beiden wollten Originelleres anbieten als Rundstück warm und Toast Hawaii.

Also veränderten sie den Stil des Hauses schrittweise und hatten das Glück, dass das sofort ankam. Die Gastronomie wurde anspruchsvoller, Gerichte wie die nach einem Reinbeker Pastor benannte Loddenpfanne mit drei Steakmedaillons, Sauce béarnaise und Bratkartoffeln, das Filet Wellington oder die am Tisch tranchierte Weihnachtsgans sind bis heute Waldhaus-Klassiker. Der Abendbetrieb wurde von Kneipe auf Bar umgestellt, der Kaffeegarten zum Ziel für Ausflügler.

Man investierte in gutes Personal wie den ersten, schon betagten Kellner, dessen exzellentes Namensgedächtnis legendär ist. Das Waldhaus war rasch so erfolgreich, dass nicht nur der Umsatz von Jahr zu Jahr wuchs, sondern auch das Gebäude. Auf insgesamt acht Anbauten brachten es die Schunkes im Lauf der Jahre. Schon 1972 konnten sie dem Schützenverein das Waldhaus abkaufen. Vorübergehend übernahmen sie sogar noch die Gastronomie eines Golfclubs und die Bewirtschaftung des Sachsenwald Kongresshotels.

1992 wurde das Waldhaus Reinbek bei einem Brand größtenteils zerstört

Die Erfolgsgeschichte wurde jäh unterbrochen, als das Waldhaus 1992 bei einem Brand größtenteils zerstört wurde. Die Eigentümer folgten beim Wiederaufbau der Devise „Think Big!“ „Wir wollten kein rechteckiges Backsteinhaus, sondern anspruchsvolles Design“, erzählt Dieter Schunke. „Ein Haus, das organisch entsprechend den Bedürfnissen des Gastes aufgebaut sein und sich in den Wald einfügen sollte.“

Das ambitionierte Bauvorhaben mit Schweizer Architekten erwies sich als Vorläufer der Elbphilharmonie im Sachsenwald-Format und brachte die Waldhaus-Eigentümer an ihre Grenzen: „Stellen Sie sich nur mal vor, dass wir ein Dreivierteljahr lang 70 Tischler ohne Kostenvoranschlag im Haus hatten“, sagt Dieter Schunke. Doch die Investition hat sich gelohnt. 1995 wurde das Waldhaus wiedereröffnet. Keines der 50 Zimmer ist wie das andere – jedes wurde mit edlen Materialien maßgerecht ausgebaut. Der Bankettbereich mit sieben Sälen und die À-la-carte-Restaurants mit Orangerie, Pavillon und Pulverkammer sind getrennte Kreisläufe, inklusive eigener Küchen. Das Haus hat einen lichten Wellnessbereich unter dem Dach und eine auch von der Polizei genutzte Schießanlage des Reinbeker Schützenvereins. „Unser Umsatz verteilt sich im Verhältnis 70 zu 30 auf Food & Beverage und Logis“, sagt Schwiegertochter Claudia Schunke, die inzwischen zusammen mit Hoteldirektor Moritz Kurzmann ein Team von etwa 100 Mitarbeitern leitet.

Henry Kissinger, Franz Beckenbauer und Berti Vogts waren hier, auch Marianne Rosenberg, Karel Gott und Graham Bonney. Und ganze Teams wie die deutsche Fußballnationalmannschaft oder der Bundesligaklub Bayer Leverkusen. Christa und Dieter Schunke haben sich weitgehend aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen. Präsent sind sie noch immer, weil das zum familiären Charakter eines Hotels gehört, das gehobenes Niveau bieten will, ohne elitär oder unerschwinglich zu sein. Dieter Schunke: „Es freut mich, wenn Gäste im Pullover erscheinen. Wir wollen hier keine Hemmschwellen aufbauen.“ Wichtig ist ihm auch die Verwurzelung am Standort: „Die Reinbeker stehen hinter ihrem Waldhaus und achten sehr genau darauf, dass es ordentlich geführt wird. Sie sagen ganz selbstverständlich: ‚Unser Waldhaus‘. Und die American Bar im Waldhaus ist ihr Nachtleben.“