Neonazis plakatieren massiv an der B 5 zwischen Lauenburg und Ludwigslust. Bürger wehren sich gegen Image

Ludwigslust. Auf einer alten Reichsstraße hängt die NPD ganz oben am Laternenpfahl. Wer auf der heutigen B 5 von Lauenburg (Schleswig-Holstein) Richtung Ludwigslust (Mecklenburg-Vorpommern) fährt, wird in jedem Dorf mit einem massiven Werbeaufgebot der Neonazis konfrontiert. Direkt unter den Straßenlampen stehen auf Plakaten in großen Lettern die populistischen Parolen wie „Arbeit statt Almosen“ oder „Rettet uns vor der EU-Pleite“. Dazu das Konterfei von Udo Pastörs, stellvertretender NPD-Chef in Mecklenburg-Vorpommern und seit 2006 Abgeordneter des Schweriner Landtags.

Zwar halten die demokratischen Parteien mit ihren Wahlplakaten dagegen. „Aber die Werbung der NPD ist massiv“, sagt die SPD-Politikerin Rotraut Reinicke aus Lübtheen bei Ludwigslust.

Es ist Wahlkampf im Nordosten. Am kommenden Sonntag sind die Bürger in Mecklenburg-Vorpommern aufgerufen, nicht nur über die Zusammensetzung des EU-Parlaments, sondern auch über die Kreistage und Stadtvertretungen abzustimmen. Bei der letzten Wahl zog die NPD mit 5,4 Prozent der Stimmen in den Schweriner Landtag. Und in Lübtheen – einer Stadt mit 4600 Einwohnern, 19 Ortsteilen und flächenmäßig größer als Paris – bekam sie 16,5 Prozent. In einem der Ortsteile wohnt Pastörs. Und seine Partei hat dafür gesorgt, dass sie plakative Präsenz fast an jeder Dorflaterne entlang der B 5 zeigt. In Redefin zum Beispiel hängen gut acht NPD-Plakate, die anderen Parteien bringen es dagegen auf jeweils zwei bis drei.

Der Bürgermeister von Ludwigslust, Reinhard Mach (parteilos), sitzt in seinem Büro und erzählt von Vorurteilen, die ihm immer wieder begegnen. Der 58-jährige Verwaltungsprofi stammt aus Greifswald. Er begrüßt häufiger Gäste, die über die B 5 oder mit dem ICE nach Ludwigslust kommen. „Den Stempel, dass die Rechten in Mecklenburg-Vorpommern sehr stark sind, werden wir nicht so schnell los“, sagt er. Es mag ja stimmen, fügt er hinzu, dass Nazis aus ganz Deutschland Anfang der 2000er-Jahre mit „Trommeln vor dem Bauch“ durch die Residenzstadt gezogen sind. Aber das sei nur die eine Seite der Medaille.

Und so versucht Reinhard Mach immer wieder geduldig seinen Zuhörern darzulegen, dass dieser Teil der Metropolregion Hamburg keineswegs rechts und von vorgestern sei. Die Demokratie funktioniere bestens. „Mit unseren Aktionen, die Demokratie zu verteidigen, sind wir seit vielen Jahren erfolgreich.“

Zwar mag der Reisende, wenn er etwa durch das 400-Seelen-Dorf Pritzier fährt, den Eindruck einer NPD-Allgegenwart haben. Aber Tatsache ist, dass sich ein breites Bündnis von Bürgern, Politikerin und Initiativen gegen rechts und für die demokratischen Grundrechte einsetzt. Bürgermeister Mach verweist zum Beispiel auf das Regionalzentrum für demokratische Kultur, das Ludwigsluster Mehrgenerationenhaus Zebef, die traditionelle Motorradsternfahrt für Demokratie und Toleranz sowie „Lola für Lulu“ – eine Aktion der Amadeu-Antonio-Stiftung. Erst vor wenigen Tagen fand in Ludwigslust unter dem Motto „Bunt statt Braun“ eine Aktion gegen einen NPD-Infostand statt.

Von den rechten Parolen hält Reinhard Mach überhaupt nichts. „Die NPD bedient sich populistischer Klischees.“ Zudem werde ein Zerrbild der wirtschaftlichen und sozialen Lage gezeichnet. In Ludwigslust mit seinen 12.000 Einwohnern gebe es immerhin rund 6000 Arbeitsplätze. Die Arbeitslosenquote liegt bei rund acht Prozent. „Gerade wir in Ludwigslust profitieren von der Metropolregion Hamburg und der Nähe zur Großstadt.“

Auch in Lübtheen engagiert sich seit Jahren ein breites ziviles Bündnis gegen die Nazis. Zur Initiative „Wir für Lübtheen“ gehört auch die SPD-Frau Rotraut Reinicke, die für die Stadtvertretung kandidiert. Jeden Tag muss sie von ihrem Haus auf NPD-Sprüche blicken. „Darunter haben wir ein Wahlplakat der SPD gehängt“, sagt sie und schaut demonstrativ auf die Nazi-Parolen. „Neulich“, sagt sie, „hörte ich diesen Spruch: ,Ist die Meinung sehr verschroben, hängt das Wahlplakat ganz oben.‘“