Steigende Zahl von Pensionierungen könnte 2020 zu bedrohlichen Nachwuchssorgen führen. Wie sich Gemeinden für junge Pastoren attraktiver machen

Schwerin. Die Nordkirche rüstet sich für die Zukunft. Akut gibt es zwar keinen flächendeckenden Pfarrermangel, sagt ein Sprecher der Nordkirche. Und auch für die nächsten Jahren sei man zuversichtlich. „Aber dann kommt von 2020 an eine große Pensionierungswelle auf uns zu.“ Um dann nicht mit viel zu wenig Seelsorgern dazustehen, hat die Nordkirche vor einiger Zeit ein Projekt gestartet, mit dem junge Menschen für ein Studium der Theologie und gerne auch für den Pastorenberuf begeistert werden sollen.

Derzeit arbeiten 1652 Männer und Frauen als Pastoren bei der Nordkirche, der evangelischen Kirche in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Im Jahr 2024 seien noch 1340 nötig. Dies liege nicht an Kirchenaustritten, sondern am demografischen Wandel, sagte Pastorin Christiane de Vos, Leiterin des Projekts zur Förderung von pastoralem Nachwuchs. Eine schrumpfende Gesellschaft bedeute auch eine schrumpfende Kirche.

Um den Bedarf zu decken, müssten jährlich 30 neue Pastoren beginnen – oder entsprechend mehr, wenn nicht jeder Geistliche Vollzeit arbeiten möchte. „Tatsächlich wurden in den letzten beiden Jahren (2012 und 2013) nur 21 beziehungsweise 23 Pastoren und Pastorinnen ordiniert“, sagte de Vos. Daher sei ihre Stelle geschaffen worden. „Wir wollen das Interesse an der Theologie wecken und auch für den Pastorenberuf.“ Viele Jugendliche könnten sich nicht vorstellen, von der Kanzel herab zu predigen. Solche Zweifel seien wichtig und nachvollziehbar, aber man wachse auch mit den Aufgaben.

De Vos und ihr Team informieren unter anderem im Internet auf www.die-nachfolger.de über das Theologiestudium, über den Pastorenberuf, über Inhalte, Bezahlung, Karrierechancen und Arbeitszeiten. Sie bieten sogenannte „T-Days“ (für Theologie-Tag) und „Wegweiser“-Wochenenden zum Reinschnuppern ins Fach. Das nächste ist für das kommende Wochenende (9. bis 11. Mai) in Ratzeburg geplant. Die Entscheidung pro oder kontra Theologiestudium müsse aber jeder mit sich selbst ausmachen. „Wir können auf dem Weg nur begleiten“, sagte de Vos. Und wenn sich jemand nach einem solchen Seminar doch für ein anderes Studium entscheidet, der Kirche aber näherkommt, sei das doch auch gut, findet die Pastorin. „Wir brauchen ja auch Gemeindemitglieder.“

Auch die Zahl der katholischen Priester in Deutschland sinkt seit Jahren

Der nächste Schritt ist, die Arbeit in ländlichen Gemeinden für junge Pastoren attraktiv zu machen. „Die Nordkirche weiß um die Problematik dieses Themas“, sagt de Vos. Oft sei es schwerer – wie auch in anderen Berufen (Stichwort: Landarztmangel) – Stellen auf dem Land zu besetzen als in der Stadt. Viele Gemeinden machten sich daher attraktiv, sanierten Pastorate, damit nicht ein Großteil des Gehalts für Heizkosten draufgeht oder suchten in der Region aktiv einen Job für den Partner, sagte de Vos.

Prekär ist die Personalsituation auch für das Priesteramt in der katholischen Kirche. Die Zahl der Priester in Deutschland sinkt seit Jahren. 2012 gab es gut 14.600 Priester in den Bistümern, 1995 waren es noch rund 18.600. Aktuellere Zahlen lagen der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn nicht vor. Der Nachwuchs ist rar: Immer weniger junge Männer treten in Priesterseminare ein. 2012 waren es 128, das sind 22 weniger als im Jahr zuvor.

Auch im Erzbistum Hamburg sei der Priestermangel ein „Thema, das uns seit Jahren beschäftigt“, sagte ein Sprecher. Die Zahl der Priester werde kleiner, zumindest in Deutschland. Als Reaktion darauf verändert sich die Struktur der Bistümer, auch die des flächenmäßig größten deutschen Bistums. Hier werden Pfarreien zusammengelegt zu sogenannten pastoralen Räumen. Rund 150 aktive Priester betreuen in knapp 90 Gemeinden rund 397.000 Katholiken in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg. Bezogen auf die Anzahl der Katholiken sind nur vier Bistümer kleiner als das Hamburger.

Ein Projekt zur Nachwuchsgewinnung wie das der Nordkirche gebe es im Erzbistum nicht, sagte der Sprecher. Es gebe aber Gespräche und Kontakte in den Gemeinden zwischen Geistlichen und an einem Theologiestudium interessierten jungen Menschen.